XTrek

Firma:
Badman
Jahr:
1991
System:
PC (DOS)
Genre:
Adventure
Tags:
Umsetzung eines anderen Mediums / Science Fiction / Adult
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
2/5

Bericht von Mr Creosote (07.08.2021) – PC (DOS)

Die Regeln für alle Unterhaltungsmedien sind eigentlich simpel. Regel Nr. 1: In jedem Medium gibt es Pornographie. Regel Nr. 2: Zu jeder halbwegs populären Franchise gibt es Pornographie. Irgendwo in der Überlappung dieser beiden können die verrücktesten Ausgeburten entstehen. Verrückt für nicht Eingeweihte, aber völlig naheliegend für andere.

Entsprechend war es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten pornographischen Textadventures entstanden. Berüchtigterweise veröffentlichte On-Line Systems (genau, die Firma, die sich später in Sierra umbenannte) 1981 Softporn Adventure. Eine Vielzahl mehr oder weniger professionell gemachter Spiele folgte. Wer erinnert sich nicht an Perlen (?) wie Drive-In oder The Farmer's Daughter? Und dann kam irgendwann Dallax – eine der ersten Porno-Parodien/-Fanfiction einer Millionen-Dollar-Franchise im Textadventureformat.

Oh nein, wer hat eine andere Idee?
Oh nein, wer hat eine andere Idee?

Vor diesem Hintergrund war XTrek eigentlich nichts Besonderes, als es 1991 herauskam. Trotzdem traf es die Welt mit der Wucht eines Kometen, der die Dinosaurier hätte ausrotten können. Auf Jahrzehnte hinaus sammelten sich einschlägig Genreinteressierte zum Austausch in der Newsgroup alt.games.xtrek, um dieses und sämtliche andere Spiele zu besprechen. Selbst, als Newsgroups anderswo schon lange von webbasierten Foren abgelöst worden waren. Was machte ausgerechnet dieses Spiel derart beliebt, wie wurde es zu einem solchen Phänomen?

Erstens passte es natürlich thematisch wie die Faust aufs Auge. Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert befand sich gerade auf seinem Höhepunkt. Computerspiele, und Textadventures im Besonderen, waren noch ein sehr nerdiges Medium, und richteten sich an eine ganz ähnliche Zielgruppe. So abgedroschen das Cliché auch klingen mag, so gab es augenscheinlich wirklich eine große Gruppe junger Männer, die von Sex in Star-Trek-Uniformen träumte. Also genau das, was dieses Spiel versprach und auch lieferte. Aus ähnlichem Grund wurde in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre Gillian Anderson  zur „meistgefakten“ Prominenten.

Doch auch instrinsisch setzte sich XTrek durchaus an die Spitze des Genres. Wo die meisten Spiele sich zugespitzt auf die männliche Fantasie fokussierten und ihre Spieler in Szenarien von direkt bevorstehenden sexuellen Handlungen warfen, die sich dann auch in nur wenigen Spielzügen entfesselten, nachdem man maximal pro forma ein oder zwei kleine Hindernisse aus dem Weg geräumt hatte, bot XTrek etwas, das man im Vergleich beinahe schon als Spiel bezeichnen konnte.

Was könnten wir ihm auch sonst anbieten?
Was könnten wir ihm auch sonst anbieten?

Zuviel sollte man andererseits nicht erwarten. Es dreht sich trotzdem alles nur darum, so viel Sex wie möglich mitzunehmen. Aktiv wie voyeuristisch. Darüber hinaus existiert kein Plot. Doch immerhin, die Anzahl der möglichen Partnerinnen multipliziert mit den männlichen Nebendarstellern, verteilt über die 44 Ortschaften des Raumschiffes, ergeben schon eine ziemlich hohe gefühlte Komplexität.

Analytischer betrachtet stellt sich diese Komplexität tatsächlich als überschaubar heraus. Die Aufgabe liegt meist darin, das richtige Objekt mit der richtigen Person zusammenzubringen. Entweder, um es gegen etwas anderes einzutauschen, oder direkt zur Sache zu kommen. Hätte man drei Hände, könnte man die Gesamtheit der Gegenstände der Spielwelt mit sich herumtragen. So ist diese Puzzleaufgabe durchaus zu bewältigen.

Dazu gesellen sich natürlich die typischen Krankheiten des zugrundeliegenden AGT-Systems. Verb-Nomen-Kombinationen existieren nur, wo explizit so definiert. Ansonsten werden Interaktionsversuche des Spielers mit nicht hilfreichen Fehlermeldungen bedacht. Doch immerhin wird man durch diese recht barsche Art des Spiels niemals auf falsche Fährten geführt.

Ach ja, die guten alten Zeiten!
Ach ja, die guten alten Zeiten!

Aber, und das ist die Kernerkenntnis: All das war ja bei der Masse der nicht pornographischen Textadventures auch nicht anders. Simple Türöffnungsrätsel? Jawohl. Fetch Quests? Sicher. Dünne Charaktere, die rein spielmechanische Zwecke erfüllen? Klar doch. Eine weitgehend leere Welt? Natürlich. Doch was das Spiel dem Spieler abverlangt, ist immerhin ganz vernünftig. Tod oder Sackgassen muss man nicht fürchten. Ob man’s glaubt oder nicht, es gibt sogar ein adaptives Hilfesystem!

Zuguterletzt müssen dann wohl noch ein paar Worte über den eigentlichen Spielinhalt, also den Sex, verloren werden. In unserer Zeit allgegenwärtiger Fan-Fiction ist die Wiederbegegnung mit diesem Klassiker leider ein wenig enttäuschend. Gerade was seinen Kerninhalt angeht, bleibt das Spiel seltsam blutleer. Den Beschreibungen fehlen Details und Abwechslung. Nicht einmal Küsse sind erlaubt. Nach nur wenigen Sätzen ist der Akt selbst verlässlich jedes Mal vorüber. Zwar kann man die gleiche Szene dann häufig einfach nochmals und nochmals auslösen, ohne dass das Spiel dem irgendwie Rechnung trägt, aber das wirkt dann eher erheiternd als erregend.

Wonach die Zielgruppe lechzte waren dann allerdings natürlich nicht der Plot oder die Rätsel. XTrek-Autor Badman legte mit A Night with Troi nach. Nicht mehr als die leere Hülle eines Spiels, das gerade mal daraus besteht, Raumschiff-Enterprise-Figur Deanna Troi in verschiedene Positionen zu bitten und dann leicht erweiterte, aber immer noch eher fleischlose Beschreibungen sexueller Handlungen zu lesen. Sex-Textadventures werden bis heute neu verfasst. Die Hauptinnovation seitdem liegt wohl in dem Versuch, den Sex selbst irgendwie interaktiv zu gestalten. Dazu bieten manche Spiele ein detailliertes Schalenprinzip für Kleidung und Ansammlungen von Körperteilen. Ob das die Angelegenheit ansprechender macht, sei mal dahingestellt. Doch davon abgesehen folgt der generelle Ansatz und die Komplexität im Wesentlichen immer noch dem von XTrek gesetzten Standard – dreißig Jahre später. Wenn das mal kein Klassiker ist!


  1. Fetch Quest:

    Ein anderer Charakter gibt dem Spielercharakter die Aufgabe, ein bestimmtes Objekt für ihn oder sie zu besorgen.  ↩︎

Spielen

Dateien

Screenshots

PC (DOS)

Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild