Wanted wirkt wie ein Weltraum-Actionspiel mit Wildwest-Sprites: Ballern, Ausweichen und hier und da ein Extra aufsammeln sind angesagt. Im Westen also nichts Neues. Wanted spielt sich nicht unflott, hält aber selbst gestandene Pistoleros nicht länger als ein halbes Stündchen am Amiga fest.
Bericht von Mr Creosote (25.11.2002) – Amiga (OCS)
Habt ihr auch manchmal diese ausnehmend positiven Erinnerungen an ein Spiel? Immer diese Gedanken, wie genial es doch war und wie toll es wäre, es jetzt nochmal zu spielen? Sowas passiert mir eigentlich überhaupt nie, aus dem einfachen Grund, dass ich alle meine Spiele immer noch habe, und sie dauernd spiele – keine trügerischen Emotionen.
Keine Regel ohne Ausnahme. Etwa 1991 kopierte ich ein gewisses Amigaspiel von einem Bekannten. Ich spielte es und es machte wirklich Spaß. Bereits ein oder zwei Wochen später ging die Diskette kaputt. Warum ich das Spiel nicht einfach nochmals kopieren konnte, weiß ich bei bestem Willen nicht mehr – ich denke mal, es kam nicht direkt von einem meiner Freunde.
Es war eine Katastrophe: Gerade erst hatte ich das erste Level durchgespielt und wollte natürlich weitermachen! Da ich es nicht wahrhaben wollte, das Spiel verloren zu haben, benutzte ich die Diskette mehrere Jahre lang für nichts anderes, sondern schrieb nur „nicht benutzen“ aufs Etikett.
Das Spiel, über das ich spreche, ist natürlich Monkey Island. Nein, Moment, es ist Wanted! Hierbei handelt es sich um einen simplen vertikalen Shooter mit einer kleinen Besonderheit: statt zu fliegen läuft man. Man spielt einen Kopfgeldjäger im „Wilden Westen“. Vier mögliche Ziele stehen zur Verfügung, die man direkt aus dem Hauptmenü wählen kann, ein Level für jedes.
Im Level läuft man dann von unten nach oben. Seltsamerweise kann man nie anhalten, der Bildschirm scrollt einfach immer weiter. Das macht das Spiel natürlich klar schwieriger. Jeder Gangster schickt einem seine ganze Gang auf den Hals, die Gegner verstecken sich in Häusern, Zügen oder hinter Brunnen. Sie alle abzuknallen, bevor man den großen Boss trifft, ist absolut notwendig. Ihren Schüssen auszuweichen ist ziemlich schwierig wegen des engen Weges, auf dem man sich bewegt, dem Scrolling, der Anzahl der Gegner usw. Oftmals stehen Fässer herum, die Standard-Power-Ups enthalten. Die (fehlende) Gegnervielfalt wird manchmal durch heranrollende Steine aufgelockert.
Das Spiel entstammt den Spielhallen und das merkt man ihm auch sofort an. Es ist dazu designt, einen am Spielen zu halten, einen aber gleichzeitig zu zwingen, oft neu zu starten. Dauernd wird man erschossen und natürlich muss man jedes mal immer wieder komplett von vorn beginnen (in der Mitte jedes langen Levels ist ein einsamer Neustartpunkt). Fatalerweise verliert man mit jedem Leben auch Power-Ups, so dass man beim zweiten Versuch in der selben Situation mit weniger Feuerkraft natürlich noch weniger Chancen hat. Schnell die nächste Münze nachschieben. Wie gesagt, das erste Level habe ich „damals“ schon geschafft, und jetzt letztens wieder, also ist es durchaus schaffbar. Allerdings kann es ziemlich nervig werden. Es ist nicht nur schwierig, sondern häufig auch noch unfair und zusätzlich eher langweilig, weil es sich einfach zu sehr wiederholt.
Wanted ist meine persönliche Warnung, wie trügerisch Erinnerungen doch sein können. Klar, es ist kein schlechtes Spiel, aber als ich es vor einem Jahr wieder angefangen habe zu spielen, war ich schon ziemlich enttäuscht. Dadurch, dass ich es beim „ersten Mal“ nur relativ kurz spielen konnte, hatte ich natürlich keine Zeit, mir eine fundierte Meinung zu bilden, und reine Erinerrungen können offensichtlich in die Irre führen – besonders, wenn sie hauptsächlich aus dem Verlangen bestehen, das Unerreichbare zu spielen…