Meinung damals
Ich habe in meinem kurzen Leben zu viele gegenstandslose Hypes erlebt, um ohne eine gewisse Portion Mißtrauen an jede ach so revolutionäre Neuerscheinung heranzugehen. Unreal läßt solch kleingläubigen Pessimismus allerdings schneller vergessen als eine frisch gewählte afrikanische Regierung das Demokratieprinzip. Die Grafik ist zu gut für diese Welt, die Effekte sind zu realistisch, um real zu sein. Das außerirdische Geschmeiß regiert mit seiner Bot-Intelligenz gnademlos über Leben und Tod, läßt Ripleys Aliens als dekadente Schoßhündchen erscheinen, der gefürchtete Predator wird zur kläffenden Chiuahua-Karikatur. Spiegelnde Marmorplatten, blubbernde Lava, zur Wasseroberfläche trudelnde Holzsplitter und weitere brilliante Effekte protzen dermaßen durch physical correctness, daß man die raten Mängel gerne unter den Grafik-Teppich kehrt. Ich muß allerdings der Objektivität zuliebe […] ergänzen: Die mitreißende Thriller-Atmosphäre der ersten beiden Level sinkt bald auf ARD-Krimi-Niveau ab.
Als actionorientierter Egomane muß man von Unreal einfach überwältigt sein. Die Grafik ist ebenso superb wie die Musik, die sich der jeweiligen Situation anpaßt. […] Auch die Gegner-KI hat diesen Namen wirklich verdient. […] Einzig die hohen Hardware-Anforderungen, die sich vor allem in Multiplayer-Spielen ziemlich unangenehm bemerkar machen, dämpfen ein wenig meinen Freudentanz ob dieses exzellenten Produktes.
