The Hound of the Baskervilles

Firma:
On-Line
Jahr:
1991
System:
Amiga (CDTV)
Genre:
Denkspiel
Tags:
Umsetzung eines anderen Mediums / Horror / Krimi / FMV
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
1/5

Meinung damals

Ödes Herumgeklicke auf allerlei Briefen, Fotos oder sonstigen Hinweisen auf den Täter führt einerseits zu einer genaueren (z.B. vergrößerten) Darstellung des Beweismaterials, andererseits zu einem unbezähmbaren Gähnbedürfnis des Bildschirm-Detektives. Für eine Schlaftablette mit grobkörnigen Bildern und Sprachausgabe braucht es eigentlich kein CDTV, oder?

Michael Labiner/Richard Löwenstein, Amiga Joker 10/91 

Klingt langweilig? Gar nicht mal so sehr, denn wenn man Detektivgeschichten mag, ist die Story gar nicht übel. Aber das Durchklicken von Bild zu Bild mit den langen Ladezeiten lähmt die Ermittlungen gewaltig. […] Dafür dann hundert Mark zu verlangen, ist in unseren Augen ganz schön frech.

Boris Schneider, Power Play 11/91 

Bericht von Mr Creosote (15.08.2020) – Amiga (CDTV)

Krimistoffe wurden bereits spielerisch verarbeitet, als an Computer diesbezüglich noch gar nicht zu denken war. Vor 90 Jahren erdachte beispielsweise der etablierte Genreautor Dennis Wheatley  seine so betitelten Crime Dossiers. Dabei handelte es sich im Prinzip um kleine Akten voller Hinweise auf die Lösung eines fiktiven Kriminalfalls. Eine Beschreibung des Tathergangs, dann Briefe, Fotos, am Tatort gefundene Indizien usw. Als „Spieler“ arbeitete man alles durch, um dann seine eigenen Schlüsse zu ziehen und den Täter zu identifizieren, um diese Theorie dann mittels eines verschlossenen Umschlags zu verifizieren.

The Hound of the Baskervilles, als eines der zentralen Werke des Detektivromans, wurde ebenfalls Mitte der 1980er Jahre derart verwurstet und in dieser Form schließlich 1991 auf das vom Unglück befallene CDTV gebracht. Soll heißen, man bekommt hier ziemlich genau das, was man von Wheatley und seinen Nachfolgern gewohnt ist: eine Ansammlung von Informationsschnippseln im Zusammenhang mit Sherlock Holmes' berühmtesten Falls, die der Spieler nun auswerten soll.

Was direkt das erste inhärente Problem aufzeigt: Die Geschichte ist einfach zu berühmt. Die Hälfte der Menschheit kennt die Lösung bereits, mit großer Überschneidung bzgl. der Zielgruppe für solch ein Spiel. Das Material zu sichten, hat also kaum mehr etwas mit Detektivarbeit zu tun, sondern lässt einen die bekannte Geschichte maximal „neu erleben“.

Apropos Material, der Umfang hält sich in engen Grenzen. Alles passt auf einen virtuellen Schreibtisch, der quasi als Hauptmenü fungiert. Wählt man etwas aus, hat man jeweils die Option es selbst in Augenschein zu nehmen oder den Inhalt von Watson (eine professionell klingende Stimme aus dem Off) zusammengefasst zu bekommen. Klickt man auf die falsche (oder richtige?) Stelle, erzählt einem die gleiche Stimme praktisch die gesamte Geschichte auf einmal – inklusive Auflösung.

Den geringen Umfang sowie die große Popularität der Geschichte mal eben bei Seite gestellt, wird der Spaß außerdem von den an eine solche Formatübertragung gestellten Erwartungen beschränkt. Die „Spielmechanik“ für dieses neue Medium aufzubohren, wurde nicht einmal versucht. Man kann sich Texte vorlesen lassen. Watsons Zusammenfassungen werden von einem zehnsekündigen Videoloop von einem Mann an einem Schreibtisch, der Seiten umblättert, begleitet – in schlimmer technischer Qualität. Die vielleicht einzige brauchbare Idee ist die Verwendung von Hypertext, d.h. die Option, wo passend direkt zu weiteren Informationen zu springen. Beispielsweise könnte der Name einer Person mit ihrem Foto verlinkt sein. Das Spiel erklärt die Bedeutung des Begriffes „Hypertext“, alles andere als bekannt zu der Zeit, netterweise.

Darüber hinaus findet sich nichts, was man nicht exact genau so in der gedruckten Version bekommen hätte. Die Aufgabe beschränkt sich also darauf, alles durchzuklicken. Der „spielerische Rest“ findet, wenn überhaupt, ausschließlich im Kopf des Spielers statt. Entsprechend fehlt selbst eine Art Endtest, in dem der Spieler seine Lösung präsentieren und sie begründen müsste. Die Auswahl und Zusammenstellung der Materialien geht schon in Ordnung, wenn sie einen auch nicht gerade vom Hocker haut. Der fehlende Selbstanspruch, dieses Material tatsächlich an das andere Medium anzupassen, ist unverzeihlich. Als computergestütztes Unterhaltungsprodukt scheitert The Hound of the Baskervilles durch die Bank. Selbst es überhaupt als „Spiel“ zu bezeichnen, fällt schon schwer.

Screenshots

Amiga (CDTV)

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Box

Amiga (CDTV)

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