The Curse of Rabenstein

Firma:
Puddle Soft
Jahr:
2020
System:
Schneider CPC
Genre:
Adventure
Tags:
Horror / Mythen und Sagen
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
3/5

Bericht von Mr Creosote (26.12.2020) – Schneider CPC

Von Science-Fiction- zum Horrorgenre – aber damit immer noch im Dunstkreis von Groschenromanen. Auf der Reise von einer Großstadt zur anderen verirrt sich der Kutscher und schon findet man sich in einem abgelegenen Dorf im Nirgendwo wieder – wo (zumindest für den Spieler sehr transparent) ein Vampir sein Unwesen treibt. Wird man die Nacht überleben und sogar dem Fluch ein Ende bereiten können? Klar doch. Kann sich dieses Spiel wirklich, wie es verspricht, mit den Werken von Level 9, einem der produktivsten Produzenten von Textadventures der 80er Jahre, messen? Nicht wirklich, aber das wäre auch zuviel verlangt gewesen.

Man kann das Spiel kaum dafür verurteilen, kurz (1–2 Stunden Spielzeit), linear und einfach (keine Todesgefahr, keine Sackgassen) zu sein. Damit richtet es sich auf den Geschmack heutiger Spieler aus. Abgesehen von einigen technischen Beschränkungen des zugrundeliegenden Entwicklungssystems – wie dem simplen Zweiwortparser, der sogar (schlimme Designsünde) vorgibt, viel mehr zu verstehen, als er tatsächlich tut – folgt The Curse of Rabenstein Alles in Allem recht modernen Designparadigmen.

Vor Allem wirkt der Spielfortgang bestimmt von der Erzählung. Wo das vorige Werk des gleichen Autors, Hibernated diesbezüglich noch recht ungelenkt daherkam, und den Plot nach dem vergleichsweise länglichen Introtext erstmal einfach stillstehen ließ, während der Spieler sich mit Orten und Objekten herumschlagen durfte, nur um dann an zentralen Knotenpunkten wieder lange, nicht-interaktive Textpassagen auszuwerfen, gelingt der erzählerische Fortschritt in Rabenstein in einem höheren und vor Allem kontinuierlichen Takt. Kleine Schnipsel des Plots zeigen sich hier und da und fügen sich zu einem atmosphärischen, schön schundigen Ganzen zusammen.

Dies spiegelt sich auch in den Aufgaben, die der Spieler zu erledigen hat. Anstatt ihn an umfangreichen Rätsel aus Selbstzweck knabbern zu lassen, ergeben sich die Herausforderungen aus der jeweiligen Situation. Was erstmal zu begrüßen ist, aber als Kehrseite der Medaille zeigt sich, dass dem Autoren wohl die Vorstellungskraft fehlte, aus diesen seinen Szenen einfallsreiche Aktionsmöglichkeiten abzuleiten. Die Rätsellösungen bewegen sich deshalb eher im Offensichtlichen, wobei man das Niveau eines Kalle Blomquist  ja auch durchaus schon wieder charmant finden kann.

Weniger charmant wird es immer dann, wenn alles, was dem Autoren nicht eingefallen ist, vom Spiel ohne guten Grund zurückgewiesen wird. Man braucht Wasser und gleich zu Anfang findet man zwei brauchbare Behälter, doch nur einer davon erweist sich seitens des Spiels als akzeptabel, besagtes Wasser zu transportieren. Im Inventar befindet sich ein Kruzifix, wenn man zum ersten Mal den Vampir trifft, aber unter die Nase halten kann man es ihm nicht. Der Kutscher ist verschwunden, der Protagonist hat bereits lebende Tote herumschlurfen sehen und es gibt Kampfspuren dort, wo er warten wollte. Läge es nicht nahe, mal nach ihm zu suchen, oder zumindest mal zu rufen? Nein, der Autor hatte die Plotfolge so im Kopf, dass der Protagonist sich erstmal mit den Dorfbewohnern bekannt machen muss, bevor er an den Tatort zurückkehren und weitere Untersuchungen anstellen kann; also muss es auch so in dieser Reihenfolge geschehen.

Bei genau jenen Dorfbewohnern läuft das Spiel andererseits zu Hochform auf. Die seltsame Kulisse, die schrägen Charaktere und der zugespitzte Schreibstil kommunizieren implizit, dass hier mehr als ein Hund begraben liegen könnte, über den offensichtlichen Vampir hinaus. Das Spiel begibt sich niemals wirklich auf eine subtextuelle Ebene, aber es deutet eine Wendung subtil an, die dann auch vor dem Finale kommt. Innerhalb der Genrekonventionen ist diese Wendung nicht einmal schlecht. Absolut bedeutungslos und sie bleibt auch sowohl vom Protagonisten, als auch von der Erzählung als Ganzes unreflektiert, aber es hat schon seinen Effekt.

Die grafischen Illustrationen der Orte sind die zweite Hauptattraktion. Sie befinden sich auf hohem Qualitätsniveau – davon konnten einige Entwickler der 80er und 90er Jahre nur träumen – und es gibt ein eigenes Bild pro Ort, manchmal sogar in verschiedenen Zuständen. Sie ergänzen die textuellen Beschreibungen sehr gut.

Aus diesen Bildern speist sich wahrscheinlich die Behauptung, die Tradition von Firmen wie Level 9 fortzuführen. Über die Bildschirmaufteilung hinaus (Bild oben, Text unten) ist dies jedoch kaum haltbar. Selbst in den frühen 80er Jahren hatte Level 9 bereits einen viel umfangreicheren und flexibleren Parser (und von Komplexität und Umfang des Spiels fangen wir besser gar nicht an). Und was Level 9 ebenso wie ihre Konkurrenten von Magnetic Scrolls wussten war, dass selbst die schönsten Bilder doch eine Menge Platz benötigen, wodurch der darunterstehende Text viel scrollen muss. Weshalb sie selbstverständlich eine Funktion hatten, die Grafik auch permanent oder temporär auszublenden. Was dieses Spiel leider nicht erlaubt.

Trotz Allem ist The Curse of Rabenstein mit Blick auf eine heutige Zielgruppe eine rundum gelungene Produktion. Es wurde nicht gemacht, um ernsthaft zu fordern, sondern um schnelle Erfolgserlebnisse zu bieten. Es wurde nicht geschrieben, ernsthafte philosophische Themen anzusprechen, sondern findet seine Entsprechung eben im Kurzromanheft der Bahnhofsbuchhandlung – als fesselnde Unterhaltung während des Lesens und anschließendem schnellen Vergessen. Insofern ein unbestreitbarer Erfolg am Selbstanspruch.

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