The Case of the Cautious Condor

Firma:
Tiger Media
Jahr:
1991
Systeme:
Amiga (CDTV) / PC (DOS) / PC (VGA)
Genre:
Adventure
Tags:
Cartoon & Comic / Spionage / Krimi
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
4.5/5

Bericht von Mr Creosote (22.06.2003) – Amiga (CDTV)

Es ist Jahre her, dass Ned Peters das letzte Mal von seinem alten Kriegskameraden Bronson Barnard gehört hat. Die beiden waren 1917 zusammen über Frankreich geflogen. Nach dem Krieg gingen sie jedoch verschiedene Wege. Barnard wurde in der Industrie reich, Peters wurde erst Polizist, dann Privatdetektiv.

Deshalb ist letzterer auch etwas überrascht, als er einen Brief von seinem alten Bekannten erhält. Er lädt ihn ein, am Jungfernflug seiner neuesten Erfindung teilzunehmen: der Condor. Die Condor ist sowas wie die Titanic der Flugzeuge: riesig, schnell und bereit zur Überquerung des Atlantik.

An Bord trifft sich eine illustre, aber seltsam durcheinandergewürfelte Runde: unter anderem eine Zeitungsreporterin, ein spanischer Casanova, ein ägyptischer Prinz, ein Nazioffizier, ein französischer Weinhändler und eine amerikanische Schauspielerin.

Kurz nach dem Start erleidet Barnard plötzlich einen Herzanfall. Das Flugzeug kehrt um. Erst jetzt enthüllt der Gastgeber seinem alten Freund den wahren Grund seiner Einladung: Ein Passagier ist der Mörder von Barnards Sohn, der beim Zoll arbeitete. Er wollte den Täter selbst mit einem großen Knall entlarven, um vor Peters anzugeben. Jetzt liegt es aber am Profi, den Fall doch noch zu Ende zu bringen, also die bisherigen Ermittlungen nachzuvollziehen, und zu vollenden. Er hat jedoch nur 30 Minuten, bis das Flugzeug wieder landet, und der Mörder unerkannt aussteigen wird.

The Case of the Cautious Condor% ist ein „interaktiver Comic“. Die handgezeichneten Bilder werden in sich überlappenden Folgen gezeigt. Man vermisst allerdings die Sprechblasen, denn alle Dialoge sind vollständig vertont, und werden von CD abgespielt. CD? Dies war eines der ersten Spiele für das CDTV (läuft aber auch problemlos auf jedem Amiga mit CD-ROM oder Festplatte), und eines der wenigen, die das Medium überhaupt genutzt haben.

Das Spielprinzip ist schnell erklärt: Man läuft im Flugzeug herum, lauscht den Unterhaltungen der anderen Gäste, durchsucht ihre Kabinen und beschuldigt letztlich einen von ihnen des Mordes – bevor die Zeit abläuft. Wem nun Namen wie Deadline, The Witness und Suspect einfallen, der ist auf dem richtigen Weg. CotCC ist nichts anderes als eine grafische Version dieser Klassiker. Wie bei Deadline kommt es hauptsächlich darauf an, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Nur dann bekommt man die wichtigen Hinweise mit und wird damit den Fall lösen. Anders als bei rätsel-/objektbasierten Adventures muss man das Spiel deshalb mehrmals spielen, um es zu lösen (es sei denn, man hat verdammt viel Glück).

Das ist es aber wert, denn die Detektivgeschichte im 30er-Jahre-Stil ist sehr interessant. Die Charaktere sind clichéhafte Prototypen – genau so sollte es sein. Und obwohl jedes Spiel auf 30 Minuten begrenzt ist, kann man insgesamt länger an diesem Spiel sitzen, als an den meisten anderen Adventures.

Die Sprecher sind alle gut, aber das akustische Englischverständnis wird durch die diversen starken Akzente schon stark gefordert. Die Grafik ist ziemlich gut, hätte aber doch noch um einiges besser sein können. Das Spiel schreit förmlich nach mehr Farben. Es benutzt noch nicht mal die komplette Standardpalette von 32 Farben gleichzeitig! Außerdem beschränkt es sich auf die NTSC-Auflösung von 320x200. Das bei PAL übliche 320x256 hätte schon eine Menge geholfen, ein HAM- oder Halfbrite-Bildschirmmodus (für die technisch weniger bewanderten: Das sind amigaspezifische Bildschirmmodi, die mehr Farben und höhere Auflösungen zulassen) hätte sich förmlich aufgedrängt!

Trotz der leicht enttäuschenden Grafik ist Case of the Cautious Condor ein sehr gutes Detektivadventure, ein würdiger Nachfolger von Infocoms Klassikern. Als CDTV-Spiel ist es besonders beeindruckend, denn auf diesem System ist es beinahe konkurrenzlos! Fast alle Spiele darauf waren entweder schlichte Diskettenumsetzungen (nutzlos) oder schreckliche „Filme“ mit so gut wie keiner Interaktivität (typisches Problem aller frühen CD-ROM-Systeme). CotCC hat sich gut gehalten über die Jahre – ein absolut unterhaltsames Meisterwerk, selbst heutzutage.

Technisches: Wie erwähnt läuft das Spiel in einem NTSC-Bildschirmmodus. Um es zu spielen, muss man seinen Amiga entsprechend so booten (oder den Emulator so einstellen). Ein PAL-Bildschirm bleibt einfach schwarz.

Bericht von Zork (16.09.2007) – PC (DOS)

The Case of the Cautious Condor war eines der ersten CD-Rom-only Spiele und erschien bereits 1989 für den für damalige Verhältnisse japanischen Wunder-Heimcomputer FM-Towns, der damals schon standardmäßig ein CD-ROM-Laufwerk eingebaut hatte, lange bevor sich dies für den PC im Massenmarkt erst 4 Jahre später mit Killeraplikationen wie Rebel Assault durchsetzen sollte.

Natürlich gab es vorher schon Laserdisc-Spiele wie das bekannte Dragon's Lair, das immerhin schon 1983 für die Spielhalle erschien, aber TcotCC war hier erstmals eine komplette Neuentwicklung speziell für CD und Heimcomputer. Den Titel des ersten CD-ROM-only Games überhaupt macht TcotCC eigentlich nach meinen Recherchen wenn überhaupt nur The Manhole streitig, was ebenfalls 1989 veröffentlicht wurde, aber hier kommt außerdem noch hinzu, dass The Manhole davor wahrscheinlich bereits als Diskettenversion erschienen war.

Somit kann man von einem echten Pionierspiel sprechen und darf natürlich hier nicht ein Topspiel erwarten, das gleich alle Möglichkeiten des neuen Mediums voll ausschöpft, allerdings hat es einige Features lang vor anderen Spielen genutzt. So gibt es im Spiel keinerlei Text sondern nur Sprachausgabe und macht daraus auch ein interessantes Hörerlebnis. Zusammen mit den Grafiken wäre ein ganzer Stapel damals herkömmlicher Disketten dafür nötig gewesen.

Spielerisch kann man hier von dem häufig dafür gebrauchten Begriff des interaktiven Comics sprechen. Man sucht sich die Reihenfolge der Locations aus, die man besuchen will, und entscheidet, ob man jemanden Verhören oder einen Raum durchsuchen will. Dabei ist das Spiel so ausgelegt, dass man es beim ersten Durchspielen aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht lösen kann, da man sich erst einmal durch mehrmaliges Spielen alle Locations und Ereignisse anschauen, und sich einen Überblick verschaffen muss, um dann einen logischen Zusammenhang in Form eines Lösungsweges zu finden, in dem man zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist. Dies hört sich für heutige Verhältnisse etwas gewöhnungsbedürftig an und macht aus dem Spiel eher ein Kombinationsspiel als ein typisches heutiges Adventure, aber dennoch trotzdem auch spielerisch Spaß. Einige haben vielleicht jetzt das Prinzip erkannt, dass durch das Spiel Deadline bekannt sein dürfte.

Atmosphärisch kann man TcotCC vielleicht als heimlichen Vorfahren von The Last Express bezeichnen. Ähnlich wie dort im Orient Express ist man hier in einem riesigen Flugboot unterwegs, das etwas an eine Sproose Goose erinnert. Beide Spiele sind im Vorfeld eines Weltkrieges angesiedelt. Während das bei TLE am Vorabend des 1. Weltkrieges ist, spielt TcotCC im Vorfeld des 2. Weltkriegs im Jahr 1937. Man spielt Detektiv unter einer illustren Schar von VIP-Reisenden. Man hat 30 Minuten Zeit bevor das Flugzeug wieder landet, um den Mörder des Sohnes seines Gastgebers zu finden, der ein alter Kriegskamerad ist, und uns bittet, für ihn bei der Aufdeckung des Falls zu helfen, da er selbst einen Herzanfall erlitten hat und deshalb nicht dazu in der Lage ist.

Natürlich kann TcotCC noch nicht im Umfang oder Spielspaß an seinen Nachfahren The Last Express heranreichen, allerdings teilen sie ein weiteres Schicksal – beide waren, völlig zu Unrecht wie ich meine, kommerzielle Flops. Bei TcotCC spielte dabei die mangelnde Verbreitung von CD-ROM-Laufwerken auch noch 1992, als die PC-Version erschien, eine Rolle, bei %The Last Express mangelndes Marketing und ein vorzeitiger Verkaufsstopp, aber das ist eine andere Geschichte.

Im Unterschied zur CDTV Version ist die PC-Version bunter. Je nach Bildschirm sind meist zwischen 100 und 200 Farben gleichzeitig zu sehen.

Wichtig vielleicht noch zu erwähnen ist, dass man im Startbildschirm auf Intro klicken sollte um eine nett gemachte Einleitung anzusehen, die nicht mit dem Intro identisch ist, dass automatisch beim Spielstart abläuft, wie man vielleicht meinen und es so übersehen könnte.

Vielen Dank an Egon68 für die Bereitstellung des Spiels!

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