Ring der Nibelungen

Andere Titel:
Ring Cycle
Firmen:
Maelstrom / Psygnosis
Jahr:
1996
Systeme:
PC (DOS) / PC (VGA)
Genres:
Rollenspiel / Action
Tags:
Kämpfen / Schwerter & Magie
Sprachen:
Englisch / Deutsch / Französisch
Mittlere Wertung:
1/5

Meinung damals

Richard Wagner war Perfektionist. Am „Ring“ hat er über 26 Jahre gearbeitet. Ich bin sicher, er würde im Grabe rotieren, wenn er dieses hingeschluderte Machwerk in Augenschein nehmen müßte.

Herbert Aichinger, PC Games 2/96 

Die extrem gewöhnungsbedürftige Tastatur/Maus-Steuerung und das extrem öde Gameplay könnten selbst Placido Domingo in die Arme von Madonna treiben!

Michael Schnelle, PC Joker 4/96 

Müßte sich der Nibelungen-Siegfried zwischen dem Speer Hagens von Tronje und diesem Machwerk entscheiden, würde er sich deprimiert eine Zielmarkierung auf den Rücken malen.

Jörg Langer, PC Player 3/96 

Bericht von Mr Creosote (24.03.2018) – PC (DOS)

Jeder, der sich über Lords of Midnight 3 geärgert hat, sollte dringend den Ring der Nibelungen spielen. Zugegeben, das mag keine besonders große Gruppe mobilisieren, da ersteres kaum Jemand mit der Kneifzange angefasst hat. Oder dass es überhaupt Jemandem ein Begriff wäre. Trotzdem sollten jene Wenige den Schritt wagen. Nur, um die Dinge mal wieder in die richtige Perspektive zu rücken. Danach wird man LoM positiver gegenüberstehen. Viel positiver! Ring der Nibelungen setzt auf der gleichen Spielengine wie LoM auf, entledigt sich aller strategischer Aspekte und setzt ganz aufs Rollenspielgenre. Mit einer Prise 3D-Shooter.

Im Zentrum der Geschichte steht ein Typ namens Siegmund, dessen Schicksal der Spieler in die Hand nehmen darf, doch diesen Namen erfährt man überhaupt erst vom Game-Over-Screen. In Gesprächen mit anderen Personen besteht er dagegen vorerst darauf, seinen eigenen Namen nicht zu kennen. Er suche „sein Schicksal“, aber weiß genausowenig, worin dieses bestehen mag. Eventuell hat es etwas damit zu tun, aus diesem ihn gefangenhaltenden Spiel zu entfleuchen?

Aber nein, das ist ihm nicht vergönnt. Siegmund muss sich stattdessen auf die Suche nach zehn Artefakten begeben. Das zu erfahren (wie auch seinen Namen…) und Tipps bezüglich der Fundorte jener Artefakte zu erhalten, geschieht mittels Runen, die wiederum zufällig über die Landschaft verteilt herumliegen. Einige sind einzusammeln, andere liest man von sprechenden Findlingen ab. Langsam verbreitert Siegmund somit sein Wissen, wodurch endlich einigermaßen sinnvolle Interaktionen mit den ebenfalls herumstreunenden anderen Personen möglich werden.

Schön am Ring der Nibelungen ist seine offen gestaltete Welt. Man kann praktisch überall hin laufen; abgesehen vom Betreten von Häusern oder Dungeons muss der Bildschirm nie zwecks Teleportation/unsichtbarer Reise schwarz geschaltet werden. Was andererseits aber natürlich zu eher ereignislosen Passagen führt, in denen man einfach von links nach rechts unterwegs ist.

Die Grafik gestaltet die Reisen nicht unbedingt attraktiv. Alles sieht in dieser Welt irgendwie gleich aus und wird technisch gesehen in der gleichen Engine dargestellt, die bereits in LoM nicht unbedingt für Begeisterungsstürme sorgte. Die zwei Detailgradeinstellungen ändern daran wenig. Die niedrige rückt die eckigen Voxel der Landschaft zu sehr in den Blick, die hohe ist im Prinzip einfach ein Weichzeichner für die Bodentextur, belässt Bäume, Häuser und Personen jedoch beim Alten, so dass sie optisch wie Fremdkörper herausstechen.

Die Spielerfahrung, der Plot ist nicht nicht weiter erwähnenswert, ist seltsam unangenehm. Im Spielverlauf dreht sich viel um Interaktionen mit anderen Personen, jedoch schrecken alle derartigen Versuche eingangs vollkommen ab: formelhaft bis zum Letzten, Dialogzeilen zum Fremdschämen, die sich gnadenlos wieder- und wiederholen und die man nicht einmal überspringen kann. Es scheint zu überhaupt nichts zu führen. Schlimmstenfalls kommt es durch das Zusammentreffen zu einem Schwertkampf. Obwohl ansonsten auf Ober- und Unterwelt das Schwert, das Siegmund zwar immer in der Hand hält, niemals zum Einsatz kommt; stattdessen beharkt man sich mit Feuerbällen. Ohne nachvollziehbaren Grund.

In Häusern oder Dungeons verwandelt sich das Spiel damit beinahe in einen 3D-Shooter. Man durchstreift kleine Irrgärten und trifft dabei ausschließlich auf aggressive Geister, so dass die Feuerbälle signifikant zum Einsatz kommen. Oder sind wir doch noch in einem actionreichen Rollenspiel? Die Grenze möge da jeder selbst ziehen.

Solcherlei Fragen verlieren ihre Relevanz, sobald man sich der Steuerungsprobleme bewusst wird. Mausbewegungen kontrollieren theoretisch Siemunds Schrittgeschwindigkeit (oben und unten) sowie Richtung (links und rechts). „Dank“ dieses Konzepts kann man praktisch weder anhalten, noch stringent einer Richtung folgen. Siegmund torkelt wie ein Betrunkener hin und her. Das Aufheben gut sichtbarer Objekte oder Betreten ebensolcher Eingänge wird zur zeitraubenden Aufgabe, da man immer und immer wieder vorbeizappelt. Wem das noch nicht reicht, der warte auf den ersten Dungeon, wo es dann endgültig unspielbar wird. Doch Moment, all das hätte man Lords of Midnight 3 auch schon vorwerfen können, oder? Natürlich, aber es spielte nur eine untergeordnete Rolle, denn man konnte es geschickt umspielen, indem man alles direkt auf der Karte und den Charakterbildschirmen plante. Beim Ring der Nibelungen ist der problematische 3D-Modus das gesamte Spiel!

Das Spiel besteht also daraus, seinen „Helden“ hin und her durch immer geiche Landschaften zu steuern, ihn immer wieder die gleichen Unterhaltungen führen zu lassen, und sich dabei von Wagner-Musik beschallen zu lassen, obwohl auf dem Bildschirm exakt nichts geschieht, das solche Bombast-Klänge rechtfertigen würde. Mike Singleton, dessen Karriere darauf ausgelegt schien, immer Herr der Ringe versoften zu wollen, dem aber nur einmal die Rechte in die Hände fielen, hat es versäumt, neben der Verwendung einiger Namen auch das Drama des Nibelungenlieds  einzufangen. Rückblickend noch trauriger wird es, wenn man sich klar macht, dass dies Singletons letztes Spiel als Hauptverantwortlicher war. Seine sehenswerte Karriere endete mit einer solchen Gurke!

Box

PC (DOS)

Bild Bild Bild Bild

Screenshots

PC (DOS)

Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild