Night/Shift: A Cypherpunk Adventure

Firma:
Eclectic Imaginations
Jahr:
2023
System:
Amiga (AGA)
Genre:
Adventure
Tags:
Krimi / Science Fiction
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
3/5

Bericht von Mr Creosote (06.01.2024) – Amiga (AGA)

Permanente Überwachung durch Regierungen und Megakonzerne. Künstliche Intelligenz ersetzt bislang durch Menschen dargebotene Dienstleistungen. Technologie, die positives Potential haben mag, aber nicht ohne Nebenwirkungen daherkommt. Wird das nicht alles zu viel? Back to the Basics? Eine Gruppe, die sich Eclectic Imaginations nennt, scheint so zu denken. Und so machten sie ein Spiel, dem genau diese Botschaft innewohnt – und auf gestriger Technologie läuft. Das man ohne bittere Pillen genießen kann.

Night/Shift bezeichnet sich selbst als „Erkundungsspiel“. Das trifft den Nagel auf den Kopf. Fertigkeiten jeglicher Art werden eigentlich nicht benötigt. Der Spieler bewegt den Protagonisten durch die Welt, bis er – zufällig oder gezielt – den richtigen Ort findet, an dem die Geschichte weitergeht. Was sie dann automatisch tut. Damit auch ja nichts schiefgehen kann, sagt einem das Spiel jederzeit, wo es als nächstes hingeht. Am Anfang des Spiels wird man beispielsweise angewiesen, sich in Schale für einen Nachtclubbesuch zu werfen. Spieler, die etwas mehr Interaktivität gewohnt sind, mögen die Wohnung nach einem Kleiderschrank durchsuchen, um diesen zu öffnen, Kleidung herauszuholen und sie dann anzuziehen. Bis sie merken, dass allein das Betreten der Wohnung bereits genug war.

Das Herumlaufen ist immerhin komfortabel und gestaltet sich dank der Standbilder atmosphärisch. Dank des HAM8 -Bildschirmmodus sind die (KI-generierten?) Illustrationen oft wunderschön und von großer stilistischer Konsistenz. Wie bei HAM-Spielen üblich, gibt es keine Animationen. Der Preis des Ganzen sind manchmal spürbare Ladezeiten.

Doch schöne Bilder sind natürlich heutzutage nicht genug. Erzählerisch folgt man Cyberpunk-Motiven. Doch jenseits des groben Plots ist die Erzählung nicht stark. Es gilt, eine große Verschwörung aufzudecken, und trotzdem stellt sich niemals das Gefühl einer greifbaren Bedrohung ein. Der Protagonist hat konspirative Treffen an geheimen Orten. Aber warum eigentlich, wenn im doch niemand auf den Fersen ist? Der Schreibstil imitiert mechanisch Genreklassiker, jedoch ohne jemals die Kraft der Worte hervorzurufen, die man sonst mit dem Genre assoziiert. Der Erzählrhythmus ist ebenso holprig, insbesondere gegen Ende, wenn man leider viel zu viel hin- und herfahren muss.

Inhaltlich eine sympathische Agenda zu verfolgen, ist natürlich ein Pluspunkt. Doch die ersten Zweifel kommen auf, wenn ein endloser expositorischer Dialog beinahe verschämt mit den Worten endet: „Aber das weißt du ja bereits“. Warum wurde das dann dem Protagonisten erzählt? Weil es keinen besseren Weg gab, es dem Spieler mitzuteilen? Und wenn das Ende dann aus einer wörtlichen Wiedergabe des Cypherpunk-Manifests  besteht, also mehreren Seiten Text, begleitet von wehenden Stars and Stripes sowie kitschigem Back-to-the-Basics-Bildmaterial, und dann sogar noch eine andere gescheiterte gesellschaftliche Bewegung referenziert wird, dann wirkt das Ganze ehrlich gesagt verzweifelt und ein bisschen traurig anstatt überzeugend.

Na ja. Night/Shift ist ja kein schlechtes Gesamtpaket. Es zeigt Ambition, respektiert aber auch die begrenzte Lebenszeit seiner Spieler. Was die Erzähltechnik angeht, liest es sich eben wie Jemandes erster Versuch. Jeder hat mal klein angefangen.

Screenshots

Amiga (AGA)

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