Es ist wirklich ein Jammer: Da haben die Impressions-Strategen schon mal ein vielversprechendes Konzept und verhunzen es dann mit einer völlig unstrukturierten Benutzerführung
Vom Vorgänger abgesehen, ist Lords of the Realm 2 das einzig vernünftige „Korn & Schwerter“-Spiel auf dem Markt. Unter einem kinderleich zu bedienenden Interface versteckt sich ein Wirtschaftssystem, das mit wenigen Gütern auskommt, aber doch Tiefgang bietet. […] Die Echtzeit-Kämpfe sind als Zugabe zu einem Globalen Strategiespiel gut gelungen. […] Auf längere Sicht würde ich mir mehr Überraschungen und Details wünschen
Nach einem eher schlappen ersten Teil hat sich Impression [sic!] kräftig angestrengt und dem Strategie-Wirtschafts-Eintop ein schnuckeliges SVGA-Gewand, recht spannende Echtzeit-Kämpfe und ein grandioses Interface verliehen. Es ist schon beeindruckend, was für komplexe Simulationen hinter der simpel und intuitiven Benutzeroberfläche stecken. So werden sowohl Einsteiger als auch Profis schnellen Zugang, ordentliche Spieltiefe und viel Spaß in Lords of the Realm 2 finden.
Die Männer mögen unter ihren Bärten noch so sehr gegrummelt haben, als sie von ihren Höfen in die Armee eingezogen wurden. Doch nun, nachdem sie sich ihre Bäuche vollgeschlagen haben, und ausgerüstet mit den scharfen Schwertern der Schmiede, sind sie bereit, die gegnerische Burg zu erstürmen. Sie denken an nichts anderes mehr. Als sie den Belagerungsturm in Richtung der Mauer schieben, ist ihnen klar, dass viele von ihnen den nächsten Sonnenaufgang nicht erleben werden. Alles zu Ruhm und Ehre ihres Herrschers.
Impressions waren mit Lords of the Realm auf Gold gestoßen. Die Kombination aus wirtschaftlichem Aufbau jeder Grafschaft, dem Burgenbau sowie den Echtzeitschlachten bot eine gute Balance und fühlte sich abenteuerlich genug an, die spezialisierte Zielgruppe zu inspirieren. Mittlerweile befand man sich unter dem Management von Sierra und brachte diese „Neuinterpretation“ heraus. Also eigentlich das gleiche nochmal, hier und dort leicht angepasst.
Sid Meier reduzierte berühmterweise die Weltkarte von Civilization während des Designprozesses auf die Hälfte. David Lester und sein Team gingen ebenso vor: Abgesehen von der überarbeiteten Grafik besteht die augenfälligste Änderung in der drastisch reduzierten Anzahl der Grafschaften, aus denen die wählbaren Karten bestehen.
Das voreingestellte England ist also nun nur noch in 14 solche unterteilt, womit die Wichtigkeit jeder steigt. Dem Kontrahenten einen blühenden Landstrich abzujagen, kann bereits das Pendel deutlich auf die andere Seite schwingen lassen. Der anfängliche Abstand der Spieler verringert sich entsprechend, doch das Risiko eines erfolgreichen Überraschungsüberfalls ist durch die kostenlose Anfangsburg abgeschwächt.
Überhaupt sind Burgen nochmal wichtiger geworden. Frei gestalten kann man sie nicht mehr, doch die vorgegebenen Typen zeigen sich ausreichend resistent in der Schlacht und erhöhen gleichzeitig die Steuereinnahmen. Die einzige Möglichkeit, eine Burg einzunehmen, besteht in diesem Spiel darin, ihre Mauern zu stürmen. Sie auszuhungern ist keine Option mehr. Stattdessen muss eine Echtzeitschlacht gewonnen werden.
Wer meine Meinung zum erstem Teil gelesen hat, mag sich meiner nicht sehr hohen Meinung zu den dortigen Schlachten erinnern. Hier sind sie grundlegend neugestaltet, doch leider dadurch Alles in Allem nicht besser geworden. Für taktisch bedeutsame Manöver fehlt der Platz. Die Kamera ist zu nah am Geschehen, um den Überblick zu wahren. Alles läuft zu schnell und hektisch ab, um es noch effektiv zu steuern. Immerhin kann man die Schlachten nicht mehr durch Missbrauch der Steuerung oder der Schlachtfelder zum eigenen unrealistischen Vorteil manipulieren. Doch trotzdem ist dies nicht der Weisheit letzter Schluss. Insbesondere, da es praktisch keine Alternative gibt: Den Schlachtausgang automatisch errechnen zu lassen, führt meist zu sehr unschönen Resultaten.
Auf globalstrategischer Ebene stellt sich das Spiel dafür desto befriedigender dar. Die gestärkten Burgen machen das Plündern und Brandschatzen attraktiver. Mag die Armee auch nicht stark genug sein, eine Belagerung zu gewinnen, so kann sie doch die Felder niederbrennen oder sogar ganze Dörfer abschlachten, wenn denn gewünscht. Wobei man bedenken sollte, dass man diese Grafschaft, in der man gerade marodiert, später vielleicht doch noch erobern und dann regieren möchte.
Dazu kommt die neue Steuerung, die darauf angelegt ist, nicht nur möglichst viel Information direkt auf der Landkarte darzustellen, sondern dort auch gleichzeitig die wichtigen Aktionen durchzuführen. Die meisten Untermenüs oder Informationsbildschirme sind damit einfach überflüssig geworden. Sehr direkt, sehr effizient.
Dass hier jemand wirklich breite Verbesserungen an dem bereits sehr guten Vorgänger vornehmen wollte, ist sichtbar. Selbst wenn das grundlegende Spielkonzept das gleiche ist, ist dies keine faule Geldmach-Neuauflage. Und doch wollten sie auf Teufel komm' raus Warcraft 2 reinquetschen. Was einerseits angesichts dessen Erfolgs verständlich ist. Aber sowas als scheinbar kleine Beigabe in ein viel umfangreicheres Spiel einzubauen, setzte natürlich Grenzen der Optimierung. Es scheitert also wieder an den Schlachten… sie machen einfach keinen Spaß und sind diesmal sogar beinahe unspielbar. Für solch einen integralen, nicht-optionalen Spielanteil ist das schwer zu verzeihen. Insbesondere, da der Rest des Spiels so gut ist.