Lords of the Realm

Firma:
Impressions
Jahr:
1995
System:
Amiga (AGA)
Genre:
Strategie
Tags:
Geschäftswelt / Historisch / Multiplayer / Politik / Krieg
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
5/5

Meinung damals

Lords of the Realm ist nicht übel, aber auch keineswegs ein Höhepunkt des Genres.

Manfred Duy, PC Joker 12/94 

Lords of the Realm hat es diesen Monat schwer, muß es sich doch mit Colonization und Master of Magic vergleichen lassen. So übermächtig die Konkurrenz ist, das Programm hat auf jeden Fall seine Daseinsberechtigung: Das Genre „Korn & Schwerter“ läßt sich kaum besser verwirklichen; wie es sehr viel schlechter geht, zeigt Kingdoms of Germany. Die Programmierer haben eine gute Mischung aus Komplexität und Spielbarkeit gefunden.

Jörg Langer, PC Player 11/94 

Manchmal ist solide Hausmannskost schmackhafter als hochgestochene Kochkunst, die sich nach dem ersten Probieren als dünner Suppe erweist.

Peter Schwindt, Power Play 1/95 

Archivierte Berichte

Bericht von Mr Creosote (26.11.2002) – Amiga (AGA)

Wie oft ich das mittelalterliche England in verschiedensten Variationen (also Spielen) erobert habe, kann man schon gar nicht mehr zählen. Alle sind sich ziemlich ähnlich, die Unterschiede sind marginal. In so einem (früher) überfüllten Genre zählen diese kleinen Dinge dafür um so mehr!

Lords of the Realm betont den Aspekt der ökonomischen Entwicklung gegenüber Kriegsführung. Die Bevölkerung jedes Landes unter der eigenen Herrschaft kann auf verschiedene Berufe verteilt werden, z.B. Nahrungsanbau und Warenproduktion.

Was viele Spiele dieser Art ignorieren ist, dass es ja durchaus verschiedene Nahrungsmittel gibt. Andererseits ist es natürlich genauso albern, zwischen zu vielen Dingen zu unterscheiden. Kühe „produzieren“ Milch, deren Endprodukte schonmal einen Teil der Bevölkerung ernähren. Natürlich kann man die Tiere selbst auch schlachten lassen und „verfüttern“, dann aber auf Kosten der langfristigen Milchproduktion. Zuletzt kommt noch das gute alte Korn hinzu, dass man auf Feldern anbaut (dafür werden wiederum Bauern benötigt). Bei Überbebauung sinkt die Fruchtbarkeit, Pflanzen sterben, das Vieh findet nichts mehr zu essen. Zu viele Tiere auf einem Feld hat natürlich einen ähnlich negativen Effekt auf das Wachstum der Herde.

Soweit das Beispiel für die verwobene Wirtschaft. Die anderen Produkte (Holz, Stein, Waffen,…) „funktionieren“ ähnlich. Doch immer sollte man bedenken, dass es eine obere Grenze für Wachstum und Produktion gibt – das verschweigen Universitätsdozenten den entsprechenden Studenten immer ;)

Irgendwann gibt es dann doch noch einen Krieg zu gewinnen, egal, wie gut man seine Ländereien verwaltet. Söldnerarmeen ziehen durchs Land und bieten jedem, der zu zahlen bereit und fähig ist, ihre Dienste an. Soldaten aus der eigenen Bevölkerung einzuziehen ist logischerweise billiger, aber diese Arbeitskräfte fehlen dann wieder anderswo.

Die ersten Gegner sind unorganisierte Bauernhaufen, die unbedingt ihre Unabhängigkeit sichern wollen. Keine Chance gegen vernünftig ausgebildete und bewaffnete Truppen! Alle so eroberten Länder werden in der selben Weise verwaltet wie das erste.

Bei der Expansion trifft man irgendwann zwangsläufig auf seine Hauptgegner, andere Adlige, die man auf dem „Feld der Ehre“ schlagen muss. Ein bisschen rudimentäre Diplomatie mit „Dem Earl“, „Dem Bischof“ und „Dem Ritter“ ist durchaus möglich, aber ehrlich gesagt eher wirkungs- und sinnlos.

Schlachten werden in Echtzeit geschlagen. Leider sind sie eine der größten Enttäuschungen des Spiels. Mit der richtigen „Taktik“ gewinnt man problemlos scheinbar aussichtslose Kämpfe: Einfach 100 Schwertkämpfer in die „Ecke“ des Felds stellen lassen (damit sie nicht eingekreist werden) und die Gegnerhorden ankommen lassen (mehrere Tausend Bauern sind kein Thema). Wegen des Moralfaktors jeder Einheit fliehen angeschlagene gegnerische Einheiten immer, bevor sie ernsthaften Schaden anrichten können!

Das zweite große Problem hat auch mit dem Kriegsteil des Spiels zu tun. Es ist einfach nicht möglich, seine Länder vernünftig zu verteidigen! Oder vielleicht wäre es möglich, aber vollkommen dumm, denn wenn man die selbe Armee, die theoretisch zur Verteidigung vorgesehen war, einfach zum Angriff einsetzt, wird man doppelt belohnt! Versuchte Verteidigungslinien führen immer nur zu Pattsituationen, in denen niemand eine wirklich relevante Armee aufbauen kann wegen der hohen gegenseitigen Verluste. Einseitige Offensivstrategien, die die Absicherung völlig außer Acht lassen, werden belohnt.

Das ist wirklich schade, denn theoretisch liegt noch eine weitere Stärke des Spiels auf der Verteidigungsseite: der Burgenbau. Man kann diese komplett selbst entwerfen aus vielen Standardteilen wie verschiedenen Mauern, Türmen, Gräben usw. Belagerungen finden dann direkt an diesen selbstgemachten Stätten statt. Wirklich sehr interessante Idee. Wenn man nur nicht sofort merken würde, dass die beste Burg einfach nur aus einem Turm mit so viel Wasser wie möglich besteht…

Das sehr gute Wirtschaftsmodell macht Lords of the Realm zu einem Klassiker! Es ist einer der besten Kompromisse zwischen Komplexität und Zugänglichkeit, das kontrollierte Wachstum ist bestens umgesetzt. Der militärische Teil dagegen ist nicht so gelungen, trotz einiger innovativer Ideen (Burgdesign). Deshalb spiele ich das Spiel auch meistens auf hohem wirtschaftlichem Schwierigkeitsgrad, aber einfachem militärischem. So macht es am meisten Spaß – und deshalb empfehle ich Lords of the Realm jedem, dem leicht alberne Schlachten in einem sehr guten Spiel über Makroökonomie nichts ausmachen.

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Amiga (AGA)

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