KeeperRL

Firma:
Michał Brzozowski
Jahr:
2018
System:
PC (Linux)
Genres:
Strategie / Rollenspiel
Tags:
Kämpfen / Krieg / Schwerter & Magie / Unfertig / Textbasiert / Roguelike
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
5/5

Bericht von Mr Creosote (18.07.2020) – PC (Linux)

Unglaublicher erster Eindruck, vollgestopft mit originellen Ideen und sofort hochmotivierend. Aber dann, sobald man etwas mehr spielt, findet man nicht zu Ende gedachte Elemente, die Spielmechanik wird repetitiv und hässliche Bugs zeigen sich. In wissenschaftlichen Kreisen bekannt als der Bullfrog-Effekt.

Ein modernes Quasi-Remake Dungeon Keepers hat den unschätzbaren Vorteil der vergangenen 20 Jahre Rückbetrachtung, in denen Interpretation wie Bewertung des Originals nicht stehengeblieben sind. In diesem Sinne mag es unfair erscheinen, es gleich mal über den grünen Klee als die deutlich überlegene Version der Grundidee, selbst in der Alphaphase, zu bezeichnen, denn man muss natürlich die ursprüngliche Entwicklung der Kernideen würdigen.

Entweder als böser Magier oder als böser Ritter (oder ganz frisch: als „etwas weniger böser Ritter“) ist es Aufgabe des Spielers, einen Dungeon zu errichten (ach!). Sobald angemessene Unterkunft, Unterhaltung und Geld zur Verfügung stehen, gesellen sich alle möglichen düsteren Kreaturen dazu – von einfachen Orks und Fledermäusen bis hin zu Höhenbären und Vampiren. Diese Bewohner unterstehen damit dem eigenen Kommando und können auf Plünderzüge gegen wehrlose Dörfler, Bauern und Mönche geschickt werden.

Soweit klingt es einfach, aber natürlich wollen Kreaturen auch in verschiedenen Kampfdisziplinen trainiert werden; mittels der richtigen Ressourcen und dem notwendigen Technologiefortschritt beim Levelaufstieg des Keepers selbst können dann auch noch Waffen und Rüstungen für die Untergebenen produziert werden. Wobei natürlich manche Waffentypen (physisch/magisch) effektiver gegen bestimmte Gegner sind als andere. Überwältigte Gegner können klassisch abgeschlachtet oder aber gefangengenommen werden, um sie per Gehirnwäsche zum Überlaufen zu bringen. Ach ja, und die Moral der Truppe sollte man auch besser im Auge behalten.

Bis hierhin mag es klingen, als gebe es keinen Grund dieses Spiel zu machen oder zu spielen, denn besagtes Dungeon Keeper gibt es ja bereits. Insbesondere, da das Micromanagement stellenweise doch etwas aus dem Ruder läuft, wenn man beispielsweise ernsthaft jede Fackel einzeln an die Wand montieren soll. Doch abseits solcher Kleinigkeiten finden sich zwei fundamentale Erweiterungen des Spielprinzips, die das Gesamtpaket auf eine neue Ebene heben.

Erstens sind die Kämpfe tatsächlich spannend geraten. Man möge sich an Dungeon Keeper zurückerinnern: Man warf im wahrsten Wortsinne möglichst viele Kreaturen einfach auf einen Fleck, schaute dann einem großen Chaos zu und hoffte das Beste, während alles automatisch ablief. KeeperRL wechselt stattdessen in einen rundenbasierten taktischen Kampfmodus. Der Spieler kann frei Gruppen zusammenstellen und diese losschicken. Auch der Keeper selbst kann sich einer Gruppe anschließen. Fällt er, ist das Spiel verloren, aber andererseits handelt es sich natürlich um einen besonders starken Kämpfer. Beim Zusammentreffen mit Feinden kann der Spieler entweder direkt eine Figur steuern, während der Rest der Truppe nach eigenem Gutdünken oder nach groben Regeln vorgeht oder aber jede Figur kann direkt gesteuert werden.

Auch wenn ein rundenbasierter Modus erstmal ein harter Bruch mit dem Echtzeitgeschehen des restlichen Spiels sein mag, passt es sich doch ganz organisch ein. Die taktischen Kämpfe finden immerhin direkt auf der gleichen Karte statt, so dass es viel stärker aus einem Guss wirkt. Da zwischen den Charakteren und Kreaturen des Spielers und denen der Feinde grundlegende Unterschiede bestehen, ist die taktische Tiefe nicht zu verachten, obwohl die Menge der verfügbaren expliziten Aktionen eigentlich recht klein ist. Zuguterletzt wird das Geschehen im Rest der Welt (außerhalb der stattfindenden Schlacht) nicht etwa eingefroren, sondern läuft fröhlich weiter.

Zweitens, und sogar noch bedeutender, findet KeeperRL in einer umfassend simulierten Welt statt. Sämtliche Karten werden prozedural generiert und bestehen aus Außengeländen sowie eben dem Untergrund (theoretisch kann man sogar in beliebige Tiefe weiterbuddeln). Diverse andere Akteure folgen jeweils ihren eigenen Plänen innerhalb dieser Welt. Außer den bereits erwähnten Dorfbewohnern (alias „leichte Beute“) wären da andere Grüppchen von Bösewichten (alias „Konkurrenz“). Banditen leben im düsteren Wald, andere Keeper werkeln ebenfalls an ihren Dungeons, alle möglichen Monstrositäten können aus der Tiefe der Erde auftauchen usw.

Die große Emanzipation vom Vorbild liegt also darin, nicht etwa klar vordefinierte Schritte vom Spieler zu fordern, um handgemachte Missionen zu erfüllen, deren Karten jeweils das Dungeonlayout bereits mehr oder weniger vorgeben, und deren gescriptete Ereignisse für zwar kurzfristige Spannungsmomente sorgen, aber von eigentlich strategischen Aspekten eher ablenken. Stattdessen gibt KeeperRL einen Rahmen vor durch seine Regeln und Algorithmen, die das Spiel frei und flexibel immer wieder anders entstehen und ablaufen lassen.

Drei Bemerkungen am Rande seien abschließend erlaubt. Erstens existiert ein zweiter Spielmodus namens „Adventurer“. Dort wird KeeperRL zum rundenbasierten Roguelike-Rollenspiel, in dem der Spieler einen Helden übernimmt, der in einem zufällig generierten Dungeon Monster schlächtet und Schätze findet. Ein netter Bonus, doch ehrlich gesagt ist es eine Zugabe, die wohl mehr der Möglichkeit und dem Vorhandensein im zweiten großen Vorbild, Dwarf Fortress, geschuldet ist.

Zweitens bezeichnet sich das Spiel selbst immer noch als „Alpha“. Bei der Ausbalancierung einiger Einheiten mag das noch sichtbar sein, und auch kommen immer mal wieder größere neue Spielfeatures hinzu. Der Spielstart ist außerdem etwas wacklig und es kommt zu Abstürzen (allerdings zum Glück niemals während einer laufenden Partie). Also nichts, was den Spielspaß schon heute verhindern sollte.

Drittens gibt es zwei Versionen des Spiels. Der uneingeschränkte spielerische Kern ist als Freeware (und Open Source) verfügbar. Die Karte und alles darauf wird per Zeichensatzgrafik dargestellt, was dank Unicode ziemlich anschaulich ist (ja, Bäume sehen aus wie Bäume). Eine andere Version mit Pixelgrafik kann man käuflich auf einschlägigen Plattformen erwerben oder gegen Spende an eine gemeinnützige Tierschutzorganisation bekommen. Details finden sich auf der Webseite. Beide Versionen sind auf unseren Screenshots abgebildet.


  1. Roguelike:

    Untergruppe der Rollenspiele, zurückgehend auf Rogue. Typische Merkmale sind zufällig generierte Dungeons, „Permadeath“ (d.h. beim Tod der Spielfigur werden eventuelle Speicherstände automatisch gelöscht) und rundenbasiertes Spielprinzip.  ↩︎

Screenshots

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