Intrigue!

Firmen:
Kinemation / Spectrum HoloByte
Jahr:
1986
System:
C64
Genre:
Adventure
Tags:
Spionage / Multiplayer / Krimi / Textbasiert
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
5/5

Bericht von Mr Creosote (01.06.2024) – C64

„A mystery in black and white“, verkündigt bereits die Verpackung. Was wörtlich zu nehmen ist, denn illustriert ist dieses Spiel in einer Farbtiefe von einem Bit. Doch auch darüber hinaus setzt es thematisch wie ästhetisch auf Hollywoods Schwarze Serie: Der Bruder des Protagonisten, Mitinhaber der Privatdetektei, ist entführt worden; wahrscheinlich besteht ein Zusammenhang mit seinem gerade bearbeiteten Fall. Die scheinbar kleine Aufgabe hat ihn in gefährliche Nähe eines geplanten terroristischen Anschlags geführt.

1986 wäre dies typischerweise als Textadventure mit einem Parser umgesetzt worden. Doch gleichzeitig war die Mitte der 80er eine sehr experimentierfreudige Zeit. Bereits die Eingangsszene setzt atmosphärische Zeichen und unterhält mit amüsant-ungewöhnlichen Aktionsmöglichkeiten im Multiple-Choice-Stil („Raise eyebrows“). Darüber hinaus bietet sie einen langsamen Vorgeschmack auf das, was noch folgen wird. Sie bietet bereits erste Informationsschnippsel, die man im Detail studieren kann, erzwingt aber gar nichts. Das Spielgefühl ist organisch. Dann, nachdem man die Diskette umgedreht hat, fängt Intrigue richtig an.

Und damit wird es viel komplexer. Man bewegt sich durch die Spielwelt, grafisch dargestellt in vollen 360°. Charaktere müssen befragt und beschattet werden. Steine umgedreht, Kisten durchsucht werden. Klassische Detektivarbeit, anfangs nur minimal geleitet. Aber entdeckt man erstmal eine Spur, werden die Ziele viel klarer.

Hauptmerkmal ist die zufällige Generierung von Plotdetails und Auflösung. Die gleichen Orte und Personen bleiben immer bestehen, aber nächstes Mal ist eben jemand anderes der Täter. Die Atombombe haben die Terroristen woanders versteckt. Und sie zu finden bedingt andere Schritte. Teilweise liegt die Definition des Falles in den Händen des Spielers. Man kann die Komplexitätsstufe wählen und das Geschlecht der Protagonistin oder des Protagonisten beeinflusst, wie manche andere Leute sich ihr oder ihm gegenüber verhalten.

Diese Flexibilität hat natürlich ihren Preis. Mit einer sehr stringenten Handlung oder starken Charakterisierungen darf man nicht rechnen. Jede Auflösung wirkt genau nach dem, was sie ist: zufällig ausgewürfelt. Wie es nun mal so ist bei derart automatisierten Legosystemen. Doch sie zu suchen und zu verstehen, ist als intellektuelle Herausforderung trotzdem höchst unterhaltsam. Die digitalisierten Fotos bekannter Genreschauspieler geben einem zumindest ein oberflächliches Gefühl davon, mit dreidimensionalen Personen zu tun zu haben.

Am ungewöhnlichsten zeigt sich allerdings der Mehrspielermodus mit bis zu vier Teilnehmern. Jeder kann seinen eigenen Schwierigkeitsgrad einstellen, was erlaubt, dass unterschiedlich erfahrene Detektive gegeneinander antreten. Gegeneinander oder sie können auch ihre jeweiligen Erkenntnisse miteinander teilen. Nacheinander macht jeder ein paar Züge. Selbst dann fühlt es sich dank der starken Stilisierung noch nicht zu sehr nach Cluedo an. Obwohl analytisch betrachtet die Spielmechanik gar nicht mal so anders ist. Für ein solch ungewöhnliches Genre funktioniert das überraschend gut.

Intrigue bleibt also überraschend. Klar, die Bewegung durch die in detailarmer Grafik dargestellter Stadt kann heutzutage etwas anstrengend werden. Dass die Charaktere sich zufällig herumbewegen, lenkt vom Kernrätsel eher ab, als ihm etwas hinzuzufügen. Die Zielgruppe dürfte beschränkt sein. In der Nische ist dies aber ein respektabler Beitrag. Leider viel zu selten erwähnt im historischen Genrediskurs.

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