Bisher habe ich nie ganz verstanden, wie ein so altbacken präsentiertes Spiel wie Heroes of Might & Magic eine so treue Fangemeinde finden konnte – jetzt zähle ich mich selbst dazu: Die Suche nach verborgenen Schätzen macht einfach Laune, wenn man auf Schritt und Tritt über geheimnisvolle Höhlen oder Artefakte stolpert und ständig Scharmützel ausfechten bzw. Orte erobern muß. Sobald man die ganze Karte aufgedeckt und das Spiel damit zumeist auch gewonnen ist, fiebert man schon der nächsten Aufgabe entgegen. Nein, ein gewisser Suchteffekt ist dem Programm kaum abzusprechen – zumindest für im Genre einschlägig vorbelastete Spieler.
Alle Strategiehasser aufgepaßt: Dieses Spiel könnte etwas für Sie sein! Wo viele Genrevertreter mit realistischen Gefechtssimulationen oder beeindruckender Optionsopulenz aufwarten, geht Heroes 2 die Sache geruhsam an. Man reitet rundenweise mit seinen Helden umher, sammelt Schätze und Truppen – und hat die ganze Zeit Spaß. Kaum ein anderes Programm liefert dem Spieler so viele Erfolgserlebnisse: Statt mich zu bekämpfen, bitten einige Orks um Aufnahme in meine Armee. Ich finde ein wertvolles Artefakt, oder mein Held steigt eine Stufe auf und darf seine Belagerungskenntnisse verbessern. Nach langem Sparen habe ich endlich alles für den Bau einer Drachen-Wohnstatt zusammen, oder ich schnappe dem Gegner eine Ortschaft weg, oder…
Wie Wandrell bereits bemerkte kam Heroes of Might and Magic zu kommerziell unpassender Zeit heraus. Geradezu trotzig stellte es sich gegen den vorherrschenden Zeitgeist. Doch seine Zugänglichkeit gepaart mit dem ewig populären Kitsch-Fantasy-Genre brachte ihm eine Anhängerschaft, die bedeutend genug war, die Produktion eines Nachfolgers anzugehen. Die Erbfolgekriege sind eines… dieser Spiele. Nach dem allseits gehassliebten Motto: „Wer den Vorgänger mochte, wird auch hier seinen Spaß haben.“ Aber eben auch: „Wer den Vorgänger hat, braucht dieses Spiel eigentlich nicht.“
Je nach Größe der Karte streiten sich eine unterschiedliche Zahl Kriegsherren um die Herrschaft über das Land. Ausgehend von einer bescheidenen, anfangs kaum befestigten Stadt schwärmen heroische Anführer aus, die Umgebung zu erkunden. Sie treffen auf Monster und finden Schätze. Gewinnen an Erfahrung. Ihre stetig wachsende Ausrüstung kommt zum Einsatz. Zwischendurch geht’s immer mal wieder zurück nach Hause, um dort Nachschub für die Armee zu rekrutieren. Und schließlich kommt es dann zu mehr oder weniger epischen Schlachten mit den feindlichen Heerführern.
Der Kernreiz der Serie liegt natürlich darin, die gesichtslos-austauschbaren Panzericons der klassischen SSI-Kriegsspiele mit einer zumindest grafisch schön ausgearbeiteten, farbenfrohen und abwechslungsreichen Welt zu ersetzen, in der immer etwas los ist. Schritt für Schritt lüftet man das Schwarz der Karte und immer ist am Ende der Runde das nächste Ereignisfeld bereits in Sichtweite. Welche Schätze mögen sich in dieser Truhe verbergen? Kann ich diese Schlacht um diese Mine noch schlagen oder sollte ich lieber erst frischen Nachschub holen?
Letzteres stellt dabei die Kernherausforderung dar. HOMM ist ein Spiel, das risikofreudiges Spielen belohnt, vorsichtiges Vorgehen dagegen bestraft. Bekommt man gleich anfangs ein mächtiges Artefakt in die Finger, fällt einem diese eine Mine für besonders seltenes Material zu, potenziert sich dieser Vorsprung über die Zeit. Diejenigen Spieler, die sich in ihren erstmal sicheren Festungen verschanzen, verpassen all die Aufstiegsmöglichkeiten und sind dann plötzlich leichte Beute für viel erfahrenere Helden. Es gilt also, immer direkt am Limit zu bleiben, kalkulierte Risiken einzugehen und mit sich ewig fließenden, ja nicht einmal wirklich existierenden Frontlinien zu leben.
Teil 2 ändert an all dem herzlich wenig. Grafisch ist er etwas schöner und diesbezüglich der letzte Teil, der noch auf klassische Pixelgrafik setzt. Was sicher ein Grund ist, warum gerade dieses Spiel bis heute seine Fans hat. Es gibt ein paar neue Einheiten, ein paar neue Städte- und Heldentypen. Andere Artefakte. Zusätzliche Zaubersprüche. Alles mit großer Vorsicht eingebaut, bloß nicht die Spielbalance stören. Allerdings verbessert es diese Balance ebensowenig. Niedriglevellige Kreaturen sind beispielsweise weiterhin ziemlich nutzlos. Und je weniger Worte man über die „Kampagne“ verliert, die einfach nur Mission an Mission reiht, ohne einen wirklichen Zusammenhang herzustellen, desto besser.
Das Spiel blieb über die Jahre hinreichend beliebt, nun ein neues Leben dank der eingefleischten Fanbasis zu erhalten. Die FHeroes2-Open-Source-Engine erlaubt das Spielen auf diversen heute üblichen Systemen. Zur Verfassungszeit erlaubt dies keine entscheidenden spielerischen Änderungen. Abgesehen von minimalen Verbesserungen der Bedienung ist der Hauptunterschied die Auswahl höherer Bildschirmauflösungen.
Immerhin erlaubt es, Heroes of Might and Magic 2 sehr einfach und stressfrei zu genießen. Und genießen kann man es, denn schnell stellt sich wieder eine Erkenntnis ein. Die Designer haben mit diesem leichtgewichtigen Strategiespiel unseren heutigen „Casual“-Zeitgeist vorweggenommen. Somit ist das Spiel praktisch überhaupt nicht gealtert.
(Die Screenshots stammen aus der FHeroes2-Engine, das Spiel lief ursprünglich in einer Auflösung von 640x480.)