Erben der Erde – Die große Suche

Andere Titel:
Inherit the Earth – Quest for the Orb
Firmen:
Dreamer's Guild / New World Computing / Softgold
Jahr:
1994
Systeme:
Amiga (AGA) / PC (DOS) / PC (VGA)
Genre:
Adventure
Tags:
Sonstige Fantasy / Science Fiction / ScummVM
Sprache:
Deutsch
Mittlere Wertung:
2/5

Meinung damals

Für kleine und große Kinder wie mich ist es bestens geeignet.

Klaus Trafford, ASM 10/94 

Inherit the Earth ist zwar kein Spiel für die Ewigkeit, aber doch ein liebenswert gemachtes Märchen für abenteuerlustige Tierfreunde jeden Alters.

Manfred Duy, PC Joker 09/94 

Kein Knüller, aber ein leidlich unterhaltsames Abenteuerspiel light.

Florian Stangl, PC Player 08/94 

Erben der Erde ist kein Adventure für absolute Cracks und will es auch gar nicht sein.

Petra Maueröder, Play Time 10/94 

Wer ein originelles Adventure mit viel Atmosphäre sucht, darf sich mit Rif anfreunden.

Sönke Steffen, Power Play 08/94 

Bericht von Mr Creosote (05.05.2018) – Amiga (AGA)

Fabeln wirken irgendwie immer automatisch altmodisch und moralinsauer. Eventuell also nicht das beste Genre für ein Computerspiel moderner Zeiten. Doch es gibt ja für alles irgendwo eine Zielgruppe. Versuchen wir mal, generelle Vorliebe für oder Abneigung gegen sprechende Tiere auf zwei Beinen zum Zweck möglichst objektiver Rezension außen vor zu lassen.

Das Spiel beginnt in einer postapokalyptischen Welt. Die Menschheit ist vom Erdboden verschwunden und stattdessen bevölkern jene sprechenden und aufrecht gehenden Tiere, deren Gesellschaft sich in etwa mit einer Kitschversion des menschlichen Mittelalters vergleichen lässt, das Land. Diese Tiere, die wahrscheinlich nicht nur von den Menschen „unterrichtet“, sondern auch irgendwie geschaffen wurden, verehren ihre Schöpfer immer noch gottgleich, auch wenn die Erinnerung an sie nur noch in Legenden weiterlebt. Wobei all diese große Mythologie erstmal zu Gunsten eines kleinen Kriminalfalls in den Hintergrund tritt: Auf einem Jahrmarkt kommt eine „magische“ Kugel (ein Artefakt der Menschen) abhanden. Ein Fuchs soll dafür verantwortlich sein, so dass Rif, der einzige solche in der Nähe, unter dringenden Verdacht gerät. Immerhin bekommt er die Chance, seine Unschuld selbst zu beweisen, wobei seine Nachforschungen von dem Elch Eeah und dem Wildschwein Okk überwacht werden (nicht, dass der Verdächtige sich einfach davonmacht…).

Thematisch werden einem also erstmal die üblichen Rassismusfragen um die Ohren gehauen (Tierarten trauen sich untereinander nicht…), ohne ihnen irgendetwas Interessantes abzugewinnen. In Genretradition basieren Charakterisierungen ausschließlich auf Spezieszugehörigkeit (die Wildschweine sind primitive Brutalos, die Elche gebildet, aber auch überheblich usw.), so dass die Protagonisten wie auch jeder, den man trifft, uninteressant bleiben. Immerhin etwas spannender wird es, sobald der Spieler die Überreste der früheren menschlichen Zivilisation erreicht. Dort werden implizite Andeutungen über das Schicksal der Menschheit gemacht, die somit einigermaßen subtil bleiben. Eine ungewöhnliche Wendung in dieser Spielphase ist es, dass der (angenommen menschliche) Spieler vor dem Bildschirm die Zeichen und Artefakte viel besser zu lesen weiß, als die Protagonisten im Spiel. Der Wissensvorsprung über die Spielwelt ist also gegenüber der üblichen Situation umgedreht.

Nur muss man da erstmal hinkommen. Der Diebstahl der Kugel ist anfangs kein schlechter Aufhänger und die Untersuchungen beinhalten gewisse klassische Aktivitäten des Kriminalgenres. Jedoch beschränken sich die meisten Rätsel leider auch stupide Fetch Quests. Was nicht gerade durch die endlosen und unnötig komplizierten Fußwege, die man hin und her immer wieder zurücklegen muss, besser wird. Inklusive labyrinthartiger Abschnitte „selbstverständlich“. Die isometrische Perspektive (absurd kombiniert mit platten Charaktersprites in Seitenansicht) verschlimmert es sogar noch weiter, da die Übersicht damit endgültig flöten geht.

Har-har
Har-har

Entsprechend der schwachen Charaktere besteht wenig Hoffnung auf unterhaltsame Dialoge und die diesbezüglichen Erwartungen werden sogar noch unterboten. Etwa die Hälfte findet in dem clichéhaften todernsten Ton und der gestelzten Ausdrucksweise statt, die heutzutage im Trivial-Fantasygenre üblich ist. Der Rest, und das obwohl laut Intro den Tieren explizit das „Geheimnis der Fröhlichkeit“ nicht zugänglich sei, besteht dann leider aus platten Kalauern. Eine sinnlose, völlig aus dem Kontext gerissene Anspielung auf Monty Python gleich zu Anfang ist da noch der relative Höhepunkt – im weiteren Verlauf muss sich der Spieler leider mit immer schlimmeren Sprüchen abgeben, und das in einem Plot, der sich selbst ansonsten todernst nimmt. Eine seltsame Mischung.

Mal abgesehen von dem soliden Konzept, das Schicksal der verschwundenen Menschheit indirekt zu erzählen (was allerdings ohne wirkliche Auflösung bleibt), hat Erben der Erde leider nur wenig zu bieten. Das Spieldesign ist in seinen besten Momenten maximal akzeptabel und driftet leider immer wieder ins Nervige ab. Weder der vordergründige Plot, noch die darin enthaltenen Charaktere retten irgendetwas. Unerklärliche und unvermittelte Sprünge der Tonalität machen jegliche Immersion unmöglich. Wenn sprechende Tiere in Klamotten allein kein persönlicher Grund sind, sich dieses Spiel anzutun, sollte man es lieber lassen.


  1. Fetch Quest:

    Ein anderer Charakter gibt dem Spielercharakter die Aufgabe, ein bestimmtes Objekt für ihn oder sie zu besorgen.  ↩︎

Screenshots

Amiga (AGA)

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