Der Stern der Schmuggler

Andere Titel:
The Rings of Kether
Firma:
Puffin Books
Jahr:
1985
System:
Spielbuch
Genre:
Rollenspiel
Tags:
Krimi / Science Fiction
Sprachen:
Englisch / Deutsch
Mittlere Wertung:
4/5

Bericht von Mr Creosote (03.02.2024) – Spielbuch

Science-Fiction-Szenarien waren in der Fighting-Fantasy-Serie bislang nicht sehr gut gelungen. Die beiden Ur-Autoren hatten das öde Universum der Unendlichkeit und das faul hingerotzte Freeway Fighter verbrochen. Neuling Andrew Chapman war für das desaströse Space Assassin verantwortlich gewesen. Der selbe Chapman kehrt mit Der Stern der Schmuggler zurück.

Recherche in der Bibliothek
Recherche in der Bibliothek

In der Rolle eines Undercoverermittlers soll der Spieler einen Drogenschmugglerring in einer Welt voll Raumschiffen und Blastern hochgehen lassen. Was man anhand des Originaltitels niemals erraten hätte, doch ausnahmsweise hat der deutsche Verlag hier mal eine absolut sinnvolle Änderung vorgenommen.

Doch selbst in der deutschen Ausgabe erlebt man nach den ersten Abschnitten und der Landung auf dem Planeten eine Überraschung: Das Buch entpuppt sich als Detektivgeschichte im Hard-Boiled-Stil. Hinweise gibt es erstmal wenige, so stehen dem Spieler völlig unterschiedliche Ansatzpunkte für die Nachforschungen zur Verfügung. Wendet man sich an die örtliche Polizei? Wobei die eventuell korrupt mit den Drogenbaronen unter einer Decke steckt. Beobachtet man den Raumhafen selbst bezüglich Unregelmäßigkeiten? Schließlich müsste dies doch der letztliche Umschlagplatz der heißen Ware sein. Oder aber man taucht direkt in die versifften Bars ab:

The canteen you find is advertised by a gaudy crypt-fluorescent animated sign, depicting a large ‚Crush‘ class stellar battleship diving into foaming glass of undefined liquid. The sound-effects are deafening, full of fusion-motor roars, laser zaps and dam-sized splashes. Looks promising.

Viel stärker als in jedem anderen Buch der Reihe bislang dreht sich im Stern der Schmuggler das Meiste um den logischen Verlauf der Ermittlung als die physischen Details. Ob eine Tür sich links oder recht befindet, ist nicht so wichtig. Schon aber, welche Richtung man in der Ermittlung einschlägt. Es gilt, der Spur der Hinweise zu folgen. Manchmal verliert sich eine solche, doch selbst das bedeutet nicht notwendigerweise das Ende des Spiels. Denn – eine weitere Besonderheit – die meisten Pfade können irgendwie zu den essentiellen Informationen führen.

Ein Attentäter!
Ein Attentäter!

Man bahnt sich also einen Weg durch die Geschichte anstatt die physische Welt zu erkunden. Man landet in einer Sackgasse und biegt woanders ab – das ist schon ziemlich gut! Dazu kommt, dass zentrale Szenen wie die Zusammentreffen mit der Coverdame oder aber die brillant umgesetzte Autoverfolgungsjagd die Spannung gezielt hochschnellen lassen. All das lässt einen beinahe vergessen, aber mindestens vergeben, dass ein paar Spielmechaniken nicht komplett konsistent durchgezogen sind. Wie wenn generell zwar großes Aufhebens um Geld gemacht wird, dann das Buch aber plötzlich vergisst, einem eine Taxifahrt in Rechnung zu stellen.

Es ist kaum zu glauben, wie sehr sich Chapman von seinem ersten zu seinem zweiten Buch verbessert hat. Hier und da zeigt sich natürlich noch die mangelnde Finesse. Wenn beispielsweise eine Spur ins Leere führt, dann hat er keine bessere Idee, als eine Liste von sich nicht logisch ergebenden Standardoptionen zu geben. Spielerisch unschönere Auswirkungen hat, dass kein Charakterwissen beibehalten werden kann. Findet man einen Hinweis, muss man ihn entweder sofort verfolgen, oder er ist für immer verloren. Später darauf zurückzukommen wird schlicht und einfach nicht angeboten.

Wirklich schade ist jedoch, dass das Buch sich gegen Ende dann doch wieder in einen generischen Dungeoncrawl (nur eben mit Robotern und Blastern) verwandelt. Plötzlich sind da doch wieder die Links-Rechts-Verzweigungen. Die Entscheidungen, ob man eine Tür öffnen oder vorbeigehen will. Nicht schlecht gemacht, aber im Vergleich zur viel interessanteren ersten Hälfte doch eine relative Enttäuschung.

Im Großen und Ganzen ist und bleibt Der Stern der Schmuggler trotzdem eine runde Sache. Sowohl für die Science-Fiction-Bücher, als auch für Andrew Chapman als Spielbuchautor ist es geradezu eine Erlösung. Es ist gewissermaßen zukunftsweisend, wie es erzählerische Entscheidungen ins Zentrum stellt, anstatt die Narrative implizit durch mechanische Interaktion zu beeinflussen. Selbst wenn die Umsetzung noch lange nicht perfekt ist, sollte man sich das ruhig mal anschauen.

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