Ehrlich gesagt, ich hätte mir von dem Spiel mehr erwartet: So richtig sattessen können sich an diesem Rollenspiel-Kuchen wohl nur Einsteiger, für den Profi ist er bestenfalls ein (etwas teurer) Appetithappen!
Hier stimmt so ziemlich alles, um ein saftiges Fantasy-Vergnügen auf den Computer zu bringen. Vor allem die taktischen Kämpfe sind gut gelungen und tragen viel zum Spielspaß bei.
Champions of Krynn… ein Spiel das alles beinhaltet, was man sich von einem klassischen RPG erwartet: Magie, Ritter, Diebe, Drachen, epische Schlachten, tragische Liebe, Heldentaten, unerwartete Verbündete… ich könnte ewig so weitermachen! Nun… nicht wirklich, aber Ihr könnt’s Euch vorstellen.
Für eine lange Zeit hab ich dieses Spiel genannt, wenn man mich nach meinem Lieblingsspiel gefragt hat. Ich bin mir nicht so ganz sicher, ob ich das heute immer noch sagen würde, aber es wäre doch immer noch ziemlich weit oben dabei. Aber… ich glaube ich greife den Dingen vor. Ich sollte erstmal ein bißchen was über das Spiel erzählen.
Die Welt Krynn war der Schauplatz, auf welchem der Krieg der Lanze stattfand. Dieser Krieg ist nun Geschichte, die Mächte des Guten konnten die Dunkle Königin Takhisis besiegen. Während der Krieg vorbei sein mag, gilt dies nicht für die Gefahr. Das Böse existiert immer noch und bereitet seine Rückkehr vor. Es gibt Gerüchte, welche untersucht werden müssen. Und genau da kommst Du mit Deiner Gruppe von Abenteurern ins Spiel.
Das Spiel beginnt in einem Außenposten nahe der Stadt Throtl. Eine Gruppe, angeführt von dem allseits bekannten Helden Caramon, wird vermißt. Eure Aufgabe ist es nun, nach Throtl zu gehen und nach ihnen zu suchen. Von da an entfaltet sich die Geschichte und bald schon seid Ihr in deren Zentrum.
Was mich immer wieder verblüfft hat an diesem Spiel ist, wie es ihm gelingt, eine aufregende Fantasygeschichte auszubreiten mit nur kleinen Textpassagen und kleinen Bildern. Technisch gesehen haben wir hier ein Standard-RPG vor uns. Das Spiel benutzt die AD&D-Regeln und die Engine ist so ziemlich dieselbe wie in Pool of Radiance und Curse of the Azure Bonds. Das ist natürlich nicht schlecht, aber – wenn man sich mal nur die Engine und die Regeln ansieht – scheint es doch etwas trocken und kompliziert.
Die Regeln basieren auf dem Pen-and-Paper-RPG und das heißt Schaden, den man machen kann, wird z.B. bezogen auf Würfelwürfe angegeben – genauso wie auch andere Dinge. Außerdem braucht man wohl etwas, um sich an das Magiesystem zu gewöhnen. Sprüche muss man erstmal memorisieren bevor man sie benutzen kann. Da das Gedächtnis da etwas begrenzt ist, muss man sich die Sprüche, die man lernen will, schon mit Bedacht auswählen. Wenn man nämlich einen Spruch mehr als einmal einsetzen will, muss man ihn auch mehrmals lernen.
All das führt dazu, daß man eine Menge Dinge tun muss, welche nicht wirklich spielen sind, sondern mehr sowas wie Verwaltungstätigkeit. Aber – und ich komme jetzt zum Punkt zurück – das zerstört keineswegs die Atmosphäre. Man gewöhnt sich sehr schnell an diese Dinge – und sie werden sogar Teil der Strategie, die man beherrschen muss, um im Spiel voranzukommen.
Während man in die Regeln hineinwächst, werden die eigenen Charaktere stärker – und natürlich auch die Monster, die man so trifft. Aber es ist nicht nur das – die Leute, die man im Spiel trifft, bemerken, dass man stärker und wichtiger wird. Man bekommt auch wichtigere Aufträge und wird mit mehr Respekt behandelt.
Natürlich gibt es auf dem Hintergrund der heutigen Entwicklung etwas, worüber ich mich hier beschweren muss: die Linearität der Geschichte. Man muss ziemlich genau einem vorgeschriebenen Pfad folgen. Da ist nichts mit mal links oder rechts gehen, man kommt dann einfach nicht weiter. Man muss immer eine bestimmte Sache erreichen und dann geht’s weiter mit der Geschichte.
Als ich dieses Spiel zum ersten mal gespielt habe – dazu sage ich später noch ein bißchen mehr – bin ich tagelang durch Throtl gerannt. Wenn ich da jetzt drüber nachdenke kommt mir das sehr seltsam vor, denn man stößt eigentlich sehr früh auf die ersten Hinweise und Caramon zu finden ist auch nicht so sehr schwer. Selbst wenn man nur so herumrennt findet man ihn eigentlich in wenigen Stunden. Wenn man wirklich weiß was man tut, würde ich sagen kann man ihn in 30 Minuten erreichen – 15 wenn man nur die notwendigen Kämpfe mitrechnet.
Aber das Spiel juckt sich nicht daran, wie lange man braucht, um einen Teil abzuschließen. Wenn man bedenkt, dass das Heilen der Party nach einem Kampf gerne mal 4–5 Stunden (innerhalb des Spiels – in echt dauert es nur wenige Sekunden) dauern kann, dann muss das auch so sein. Natürlich wirkt es ziemlich seltsam, dass es vorkommen kann, dass der Feind in höchster Eile aus dem Raum rennt und dabei Dracheneier mit sich nimmt (die man ihm natürlich unbedingt wieder abjagen will), dass man aber selbst erstmal gemütlich Päuschen macht, sich heilt und Sprüche auswendig lernt, um dann fünf Stunden später die eilig Flüchtenden ein-zwei Räume weiter wiederzutreffen. Aber das ist schlicht eine Notwendigkeit der Gameengine und eigentlich ziemlich einfach im Spielfluss zu übersehen.
Ich schätze, dass ein vollausgewachsenes RPG nicht jedermanns Sache ist. Champions of Krynn setzt auf erprobte Regeln und spielt in einer Welt, über die viele Bücher geschrieben wurden. Nun muss man die Bücher nicht gelesen haben, um Spaß am Spiel zu haben, mit den Regeln sollte man sich aber mal beschäftigt haben. Es ist absolut lebenswichtig, die Grundlagen der verschiedenen Berufe zu kennen und am besten auch ein bißchen über Magie und Waffen. Wer ein bißchen in RPGs drin ist, wird da vermutlich sogar Spaß dran haben. Seine Gruppe zu planen kann durchaus Spaß machen. Für wen das nicht nach Spaß klingt, für den ist dieses Spiel nicht gemacht. Wen es nicht abschreckt, der bekommt hier eines der feinsten RPGs, die je für den Computer gemacht wurden.
Dieses Spiel zu spielen ist ein bißchen wie ein gutes Buch zu lesen. Nur die besten liest man mehr als einmal. In diese Kategorie gehört dieses Spiel meiner Meinung nach. Es ist das einzige RPG, das ich durchgespielt habe und dann nochmal gespielt habe – und das sogar mehrfach! Natürlich erreicht man irgendwann einen Punkt, an dem man die Sachen dann mal ein bißchen anders versuchen möchte. Ein Beispiel dafür ist die Gruppenplanung, die ich schon erwähnte. Ich fand heraus, dass es durchaus ein paar Grenzen für die eigene Kreativität in diesem Punkt gibt.
Es gibt ein paar Sachen die man wissen sollte, bevor man seine Gruppe zusammenbaut: Man braucht einen solamnischen Ritter. Man kommt bis zu einem gewissen Punkt ohne einen, aber dann geht es einfach nicht weiter. Ferner braucht man noch einen Dieb und einen Magier (hierbei ist es egal ob das ein roter oder ein weißer ist) – auf diese bezieht sich das Spiel ebenfalls. Theoretisch wäre man also in der Lage, das Spiel mit zwei Charakteren durchzuspielen, da es möglich ist, einen Dieb/Magier zu erschaffen. Natürlich wäre es hier auch ratsamer, diesen zweiten Charakter dann als Kämpfer/Dieb/Magier zu erschaffen.
Das funktioniert soweit auch, aber wer’s probiert, wird ganz schnell merken, dass es keine so wirklich gute Idee ist. Man hat dann nämlich keine Möglichkeit sich zu heilen. Später im Spiel entwickeln Ritter diese Fähigkeit, aber das ist erst irgendwann um die Mitte des Spiels herum der Fall. Man braucht also absolut einen dritten Charakter, der heilen kann – somit einen Kleriker. Dieser Beruf kann mit dem eines Diebes und dem eines Magiers nicht kombiniert werden, also hat man dann ganz definitiv einen Ritter, einen Dieb und einen Kleriker – und einer der letzten beiden ist dann auch noch Magier. Wenn man wirklich diese Minigruppe an den Start bringen will, dann sollte man den Dieb und den Kleriker auch noch als Kämpfer antreten lassen – oder zumindest als Ranger (das Spiel nennt diese in der Übersetzung „Förster“, ich bringe es aber nicht über’s Herz mit dieser Übersetzung mitzugehen).
Wer grade neu mit dem Spiel anfängt, sollte aber auf Experimente verzichten und einfach eine Sechsergruppe starten. Das macht es um Einiges leichter. Die benötigten Berufe habe ich ja bereits erwähnt. Man kann gut noch einen zweiten Ritter mitnehmen und Charaktere mit Magie sind ganz generell immer eine gute Idee. Das Handbuch schlägt auch einige Zusammensetzungen vor, die ganz gut funktionieren. Im Grunde funktioniert aber alles, sofern die von mir erwähnten Minimalanforderungen erfüllt sind.
Nun – als letzte Worte – möchte ich noch meine eigene Champions-of-Krynn-Geschichte mit Euch teilen. Damals, Anfang 1991 hatte ich ein Magazin mit den 100 besten Spielen des Jahres 1990 (jedenfalls nach Meinung dieses Magazins). Ich konnte grade von meinem C64 einen Schritt nach oben machen zu meinem neuen Amiga 500. Eine neue Welt hatte sich für mich eröffnet. Es muss wohl Weihnachten 1990 gewesen sein, als ich den Amiga bekommen hatte und sehr bald danach das besagte Magazin. Und in diesem habe ich Champions of Krynn gesehen. Und das mußte ich nun unbedingt haben. Also habe ich es mir gekauft. Aber erst nachdem ich es gekauft hatte, wurde mir klar, dass man für dieses Spiel 1 MB RAM benötigte. Mein Amiga hatte aber nur die standardmäßigen 512kb. Das tolle Spiel, welches ich gerade für teuer Geld erstanden hatte, war also für mich erstmal unspielbar. Große Tragödie, da ich mir auf keinen Fall eine Speichererweiterung leisten konnte.
Die Lösung war der jüngere Bruder meines besten Freundes. Er hatte einen Amiga mit 1 MB RAM. Also spielten wir das Spiel gemeinsam. Das mag heutzutage vielleicht etwas seltsam klingen, aber wir hatten damals großen Spaß daran zu diskutieren wie man nun weiterkäme im Spiel. Wir brauchten Wochen, Monate um das Spiel durchzuspielen, so genau weiß ich das nicht mehr. Aber wir schafften es! Irgendwann im März bekam ich dann auch die Speichererweiterung zum Geburtstag und konnte das Spiel zu Hause spielen. Aber wenn ich mir das Spiel ansehe, muss ich immer noch an das winzige Zimmer des kleinen Bruders meines besten Freundes denken.
Also um hier zum Schluß zu kommen: Ich fand es etwas schwer, das Spiel zu bewerten, da all die guten Erinnerungen an das Spiel dazu führen könnten, dass ich nicht mehr wirklich neutral bin. Als ich unlängst anfing, es nochmal zu spielen, fielen mir die sich wiederholenden und teilweise übermäßig schweren Kämpfe auf, die manchmal auch einfach durch pures Pech verloren gehen (ein Magier zaubert Hold Person und ist bei allen Charakteren erfolgreich). Wenn ich aber nochmal drüber nachdenke, muss ich zugeben, dass diese Nachteile vor allem an meiner Minigruppe lagen.
Mit einer vollen Sechsergruppe rauscht man problemfrei durch die Standardkämpfe und die Hauptproblematik mit feindlichen Gruppen, in denen Magier sind, ist auch nicht mehr so groß (die Wahrscheinlichkeit, dass alle paralysiert werden, ist dann einfach deutlich geringer). Außerdem ist gute Planung vor größeren Kämpfen einfach Gold wert. Ich bin da üblicherweise zu faul und zu arrogant für (hab die Knilche schon vor knapp 20 Jahren besiegt, kann ja so schwer nicht sein!). Es ist aber schon so, dass man mit Bereitlegung der richtigen Spells und guter Strategie fast jeden Kampf auch auf Anhieb gewinnen könnte. Insofern sind die Nachteile schon fast eher als Vorteile zu werten: Man sollte ja auch nicht einfach so durch alles durchmarschieren, für die schweren Kämpfe sollte man ruhig auch nachdenken müssen.
Nachdem ich also lang nachgedacht habe, habe ich mich dann doch für die Höchstwertung entschieden. Meiner Meinung nach ist Champions of Krynn einfach eines der besten RPGs seiner Zeit (wenn nicht gar aller Zeiten).