Bandit Kings of Ancient China

Firma:
Koei / Infogrames
Jahr:
1990
System:
Amiga (OCS)
Genre:
Strategie
Tags:
Krieg / Historisch / Multiplayer
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
5/5

Meinung damals

Wie gehabt ist die Grafik schlicht, die Musikbegleitung angenehm aber eintönig, der Schwierigkeitsgrad variabel und alles miteinander komplett menügesteuert. […] Auf das Konzept wollen wir uns für diesmal noch gefallen lassen, bloß ein weiteres Game nach dem gleichen Strickmuster wäre wohl endgültig zuviel!

Joachim Nettelbeck, Amiga Joker 9/91 

Bis ganz China befriedet ist, wird so mancher Liter Wasser den Yang Tse hinunterfließen – bis das Endziel erreicht ist, gilt: Ohne Fleiß kein Leis (alte chinesische Splichwolt hi, hi, hi).

Dirk Fuchser, ASM 7/91 

Die ultimative Geschichtssimulation für angehende Sinologen: Bandit Kings präsentiert die turbulenten Ereignisse der Song-Dynastie mit viel Liebe fürs Detail und einem sicheren Blick für die Spielbarkeit. […] Gerade mit menschlichen Mitspielern überzeugt Bandit Kings: Durch die „Ein Befehl pro Zug“-Regeln halten sich die Wartezeiten in Grenzen.

Winfried Forster, Power Play Sonderheft 3/91

Bericht von Mr Creosote (16.11.2024) – Amiga (OCS)

Als SSI sich gerade auf dem Höhepunkt ihres Erfolges mit hochtaktischen, sehr spezialisierten und gnadenlos unzugänglichen Kriegsspielen befanden, ging in Japan die Firma Koei ganz anders an die Sache heran. Inspiriert durch die Welt der Literatur brachten sie Mitte der 1980er Jahre das auf dem Weg, was bald ihre Kernserie werden sollte (Romance of the Three Kingdoms). Bandit Kings of Ancient China folgte wenige Jahre später und profitierte von der Genreerfahrung bis dahin. In den Augen einiger Fans traf Koei damit die perfekte Balance.

Ausnahmsweise geht es mal nicht darum, alle Gegner zu besiegen und das ganze Land zu erobern. Die vorsichtig gestaltete Geschichte erzählt von einem Usurpator, der de facto dem rechtmäßigen Kaiser die Regierungsgewalt entrissen hat. Sein Machtbereich beschränkt sich jedoch auf die Kernprovinzen des mittelalterlichen China. In der Rolle eines Geächteten ehemaligen Höflings obliegt es nun dem Spieler, selbst eine Machtbasis aufzubauen, „Helden“ zu rekrutieren, sich die Unterstützung der einfachen Bevölkerung zu sichern und dadurch auf die Gunst des Kaisers zu erlangen – damit dieser einen ermächtigt, ganz offiziell gegen den Thronräuber vorzugehen. Um damit wiederum sicherzustellen, dass das Land vereint und bei voller Stärke ist, wenn die Mongolen aus dem Norden einfallen. Jene Invasion beendet das Spiel zu einem vorbestimmten Zeitpunkt und ist nicht mehr spielbar.

Auch wenn es sich streng genommen und ein kriegerisches Brettspiel handelt, hat Bandit Kings durchaus die Züge eines großen Abenteuers. Es kommt das Gefühl auf, eine Rolle zu spielen, statt strategisch zu optimieren, ein strenges Regelwerk zu durchblicken. Dass Charaktere mit eigenen Werten und durch ihre einfachen Portraits und kurzen Aussagen angedeuteten Persönlichkeiten angedeutet werden, hilft dabei ungemein.

Das menügesteuerte Mausinterface erlaubt eine ganze Reihe an Aktionen. Damalige Rezensenten resignierten praktisch einhellig davor und priesen die „unglaubliche Spieltiefe“ sowie die „ungemeine Komplexität“ mit wenig spezifischen Worten, ohne jene Aussagen weiter zu qualifizieren. Im Angesicht eines Abgabetermins mit einem Stapel anderer noch für die gleiche Monatsausgabe zu testender Spiele ist das verständlich.

Doch ist all das wirklich derart tief und komplex? Erfahrung ist unbestritten notwendig, dieses Spiel zu meistern. Doch hat man diese erstmal erworben, erkennt man, dass sich von der Vielzahl an Aktionen sehr viele auf bestimmte strategische Phasen des Spiels zuordnen lassen. Einige sind also anfangs von großer Bedeutung, wenn man seine Macht erst aufbaut. Andere werden erst später interessant, wenn die wirklichen Militäroperationen anfangen. Wobei diese Unterscheidung dadurch ermöglicht wird, dass man – anders als in vorigen Spielen der Firma – hier in einem relativ beschützten Bereich anfangen kann, herumprobieren darf, ohne Gefahr zu laufen, direkt in den ersten Zügen überrannt zu werden.

Und überhaupt, Bandit Kings mag viele Optionen bieten, aber überfordern will es seine Spieler gar nicht. Es gibt keine langwierigen Routineaufgaben Zug für Zug zu erledigen, bei denen das Übersehen nur einer Kleinigkeit gleich mit einer Niederlage bestraft wird. Solch billige Methoden, den Schwierigkeitsgrad zu heben, braucht das Spiel gar nicht. Stattdessen erwartet es von seinem Spieler, klare Prioritätsentscheidungen zu treffen. Die einfache Regel lautet, dass nur eine Aktion pro Zug erlaubt ist. Was ist also gerade die größte Dringlichkeit? Wie kann man am besten den Status für die folgenden Züge verbessern? Sorgfältige Fleißarbeit führt nicht zum Sieg. Gut durchdachte Entscheidungen, auch darüber, was man nicht unbedingt braucht oder was noch warten kann, sind der Schlüssel zum Erfolg. Womit wir wieder beim Thema Spielerfahrung wären. Es mag nicht realistisch sein, da ein Zug immerhin einen Monat repräsentiert. Trotzdem hilft es der Spielbarkeit ungemein und macht das Geschehen somit zu einer dauernden Vorwärtsbewegung.

Auf der taktischen Ebene der Schlachten läuft es gar nicht so unähnlich ab. Die Uhr tickt unaufhaltsam – hat der Angreifer in der vorgesehenen Zeit die Verteidiger nicht überwunden, werden letztere zu Siegern erklärt. Besondere Fähigkeiten und verschiedene Angriffsmodi müssen deshalb mit maximaler Effizienz eingesetzt werden. Aussitzen erlaubt das Spiel nirgendwo.

Man könnte jetzt also meinen, das passt bestens in eine Mehrspielerpartie. Schließlich braucht niemand Stunden für seinen Zug. Doch leider macht hier der Plot einen Strich durch die Rechnung. Man steht nicht in direkter Konkurrenz, da ja eigentlich alle einen gemeinsamen Feind in dem Usurpatoren haben. Doch der Spielverlauf sieht auch vor, dass nur ein Spieler jenen schließlich mit dem Segen des Kaisers stellen kann. Bereits relativ schnell stellt sich heraus, welcher der Spieler diese Chance bekommen wird. Ab diesem Zeitpunkt können die anderen eigentlich nur noch zuschauen und eventuell kleine Unterstützungsaktionen durchführen. Keine sehr befriedigende Rolle.

Perfekt ist halt nichts. Wo es zählt, ist Bandit Kings viel zugänglicher und viel besser fokussiert als der Großteil der damaligen Konkurrenz. Die hervorragend geschriebene Anleitung hilft immer dann weiter, wenn man sie braucht. Wenn man denn bereit ist, Anleitungen zu lesen. Ohne Vorerfahrung einfach draufloszuspielen ist dagegen sicher schwierig. Hat man einen grundlegenden Durchblick erlangt, ist es jedoch beinahe modern, ein Design, das seiner Zeit voraus war. Wo sinnvoll, vereinfacht es, ohne dabei zu verflachen. Ziemlich gut. Nicht übermäßig tiefgründig, aber fordernd. Bekehrt es diejenigen, die derart langsame Strategiespiele sonst nicht mögen? Keine Chance, tut mir leid.

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